Anbinden, losbinden
Bibelfenster zum 17. April 2014
Als sich Jesus mit seinen Begleitern Jerusalem näherte und nach Betfage am Ölberg kam, schickte er zwei Jünger voraus und sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Fohlen bei ihr. Bindet sie los und bringt sie zu mir! Und wenn euch jemand zur Rede stellt, dann sagt: Der Herr braucht sie, er lässt sie aber bald zurückbringen. Das ist geschehen, damit sich erfüllte, was durch den Propheten gesagt worden ist: Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist friedfertig und er reitet auf einer Eselin und auf einem Fohlen, dem Jungen eines Lasttiers. Die Jünger gingen und taten, was Jesus ihnen aufgetragen hatte. Sie brachten die Eselin und das Fohlen, legten ihre Kleider auf sie, und er setzte sich darauf. Viele Menschen breiteten ihre Kleider auf der Straße aus, andere schnitten Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. Die Leute aber, die vor ihm hergingen und die ihm folgten, riefen: Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe! Als er in Jerusalem einzog, geriet die ganze Stadt in Aufregung, und man fragte: Wer ist das? Die Leute sagten: Das ist der Prophet Jesus von Nazaret in Galiläa.
Einheitsübersetzung, Matthäus 21,1-11
In den Evangelien zum Einzug Jesu in Jerusalem spielt das Wort „losbinden“ eine hinweisende Rolle. Der Esel, der angebunden ist, soll losgebunden und zu Christus gebracht werden. Die Kirchenväter haben dieses Losbinden so verstanden: Der Esel meint die menschliche Natur, die an die Sünde angebunden ist. Davon soll sie losgebunden und an Christus neu angebunden werden.
Im Segen an Juda im biblischen Buch Genesis 49,11 kommt dieses Bild in der Form vor, dass der Esel an einem Weinstock angebunden werden soll: „Er bindet am Weinstock sein Reittier fest, seinen Esel am Rebstock“. An sich ist es unsinnig, einen Esel an einen Weinstock anzubinden. Er frisst ihn ab. Aber an diesem Weinstock, der auf Christus hinweist, sind die Blätter und Früchte so reichlich, dass die menschliche Natur sie nicht aufzehren kann. In Christus erscheint eine paradiesische Fülle. Seine Gnade ist unbegrenzt, die Nahrung von ihm unerschöpflich.
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In diesem Bild des Losbindens und Anbindens sind die Geheimnisse der Karwoche wie in einer Ouvertüre zusammengefasst: Die Hingabe Jesu an Gründonnerstag, sein Sterben am Stamm des Kreuzes, durch das er den Menschen von der Sünde losbindet, und seine Auferweckung aus dem Tod, die den Menschen über alle einengenden Bindungen hinweg in eine ewige Freiheit einbindet.
Pater Franz Richardt, Kloster Ohrbeck