Wer hat die Verantwortung?

kahle Bäume im Moor
Bild: pixabay.com, cocoparisienne

Meinen ersten Urlaub mit dem eigenen Auto, einem alten quietschgelben Fiat, verbrachte ich bei einer Familie in Stavern. Das war wohl 1980 oder 1981, so ganz genau weiß ich es gar nicht mehr. Von dort aus erkundete ich die Umgebung und verliebte mich in die Landschaft und die Weite des Emslands. Diese Liebe ist geblieben – und ich bin sehr dankbar, dass ich heute hier wohnen und arbeiten darf.

Bis vor drei Wochen kannte Stavern fast niemand – inzwischen hat dieser kleine Ort eine traurige bundesweite Berühmtheit bekommen. Der große Moorbrand, der seit dem 3. September dort in der Nähe auf dem Waffenübungsplatz lodert und glimmt, hatte auch dieses Dorf in Gefahr gebracht, so dass an Evakuierung gedacht werden musste.

In den letzten Tagen habe ich einige besorgte Mails und Anrufe von Freunden und Bekannten bekommen, die sich besorgt nach der Lage hier im Emsland erkundigten – und denen ich immer wieder erklären musste, dass ein Moorbrand etwas anderes ist, als wenn eine Scheune abbrennt. Torf glimmt wunderbar vor sich hin und hält die Glut, eine sehr nützliche Eigenschaft, wenn man ein Stück davon im Kamin hat, wie man es in Irland noch oft erleben kann. Aber wenn diese Glut sich durch mehrere Meter dicke Torfschichten durchfrisst, dann kann man erahnen, dass dieser Moorbrand uns hier noch lange beschäftigen wird.

Über die Autorin

Andrea Schwarz ist Schriftstellerin und pastorale Mitarbeiterin im Bistum Osnabrück. Sie ist eine genaue und sensible Beobachterin ihrer Umwelt und der Menschen, denen sie begegnet. In ihren Texten versucht sie, Gott mitten im Alltag zu entdecken und Lust aufs Leben zu machen – nun erstmals auch in Form von Blogbeiträgen!

Ja, es sind derzeit noch viele Fragen offen: Wie kann es sein, dass nach dieser wochenlangen Dürre überhaupt Raketen abgefeuert und getestet werden? Autos durften nicht in den Wald, weil die Gefahr zu groß war, dass der Funkenflug des Katalysators das trockene Gras in Brand setzen könnte, Kinder und Jugendliche in den Zeltlagern mussten auf das abendliche Lagerfeuer verzichten oder es in Feuerschalen unter Kontrolle halten. Wieso werden solche Tests durchgeführt, die eine hohe Brandgefahr in sich tragen, obwohl eines von zwei Löschfahrzeugen zu einer größeren Reparatur in der Werkstatt ist? Wieso schätzte man die Situation so falsch ein, dass man dachte, man könnte mit 50 Leuten ein solches Feuer bekämpfen – und viel zu spät die Hilfskräfte in den umliegenden Orten um Unterstützung bat? Und wie kann es sein, dass die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert wurde und eine Entschuldigung der Bundeswehr so lange auf sich warten ließ?

Der Schaden ist immens. Über 2000 Hilfskräfte von Feuerwehr, THW, Rotem Kreuz, darunter viele Ehrenamtliche, waren zeitweise im Einsatz, ein großes Stück Moor und damit Pflanzen und Tiere wurde vernichtet, die Bewohner von Stavern lebten tagelang in der Sorge, evakuiert zu werden – und der Rauch war bis nach Hamburg zu merken. Und warum?

Inmitten all dieses Chaos gab es zwei Hoffnungszeichen für mich:

Da organisierten Emsländer spontan eine Unterstützungsaktion für die Helfer und brachten Schokoriegel, selbstgebackenen Kuchen, Obst, Getränke und ähnliches mehr vor Ort. Und auch Kirche war präsent – Pfarrer Bernhard Horstmann und sein evangelischer Kollege Pastor Matthias Voss feierten in Stavern einen Gottesdienst für die Einsatzkräfte. Angesichts der großen, offenen Fragen sicher nur kleine Zeichen – aber immerhin Zeichen.

Damals in meinem Urlaub in Stavern ist auch der folgende Text entstanden:

 

Geliebt werden

 

das kann heißen

nach einem einsamen Tag

von einer schwarzen Handvoll Hund

stürmisch begrüßt zu werden

(aus:  Andrea Schwarz, Ich mag Gänseblümchen, Verlag Herder, 1985)

 

Das ist auch Heimat. Und mit Liebe und mit Heimat muss man verantwortungsvoll umgehen …

Der Katastrophenalarm ist inzwischen aufgehoben worden – aber diese Verantwortung darf und muss man auch von anderen einfordern.

 

2 Kommentare zu “Wer hat die Verantwortung?

  1. Wie können die Politiker auch noch behaupten, dass der Brand nicht gesundheitsschädlich sei. Warum soll dann jede Wohnung Rauchmelder haben, etc. Verantwortlich ist m.M. zuerst, der den Befehl für die Übung gab. Bei so viel Dummheit / Frechheit wird mir Angst und Bang. Kein Wunder, wie die Bevölkerung reagiert (AFD etc., was natürlich nicht geht).
    Kurz vor den Wahlen sind wir wieder gefragt😡 …….

  2. Ein Feuer im Moor kann immer wieder durch Unachtsamkeit entstehen. Das ist bei Trockenheit immer problematisch und somit ist das schnelle Löschen von größter Wichtigkeit. Wer im Sommer mit Feuer im trockenen Moor spielt, der sollte die Löschkanone in seiner Nähe haben, denn da zählt jede Minute. Das wissen die erfahrenen Feuerwehrleute des Emslandes und das sollten auch die Verantwortlichen der Bundeswehr kennen. Doch die Schlafmütze hat nicht wenige Minuten, sondern wohl 10 Tage benötigt um die Wucht des Feuers zu erkennen. Da liegt der große Fehler. Der verantwortliche eigensinnige Starrkopf darf aber nicht entlassen werden. Er ist in das letzte Glied zurückzusetzen – am besten dort hin wo noch Hand und Spanndienste erforderlich sind.
    Schade, dass kein Torf mehr für das Heizen benötigt wird, sonst könnte er dort noch eingesetzt werden.

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