Atme auf, Seele …
Martin Schleske ist ein echter Könner seines Faches. Einer der besten Geigenbauer der Gegenwart, dessen Instrumente international gefragt sind. Er ist nicht nur ein Meister im Handwerk des Geigenbaus und Physiker, der mithilfe physikalisch-akustischer Kenntnisse immer auf der Suche nach dem bestmöglichen Klang ist. Zu meiner Freude als Hobbygeigerin schreibt er auch Bücher. Darin erzählt er von Details seines kunstvollen Handwerks, von den verschiedenen Werkzeugen und Arbeitsprozessen auf dem langen Weg zu einem neuen Streichinstrument.
Zu seinen Lieblingswerkzeugen gehört der Wölbungshobel. Mit ihm arbeitet er Decke und Boden der Geige und deren charakteristische Wölbung heraus. Durch den Mittelfinger am Hobelrücken kann er bis ins Feinste den Druck regulieren und so mehr oder weniger Holz abtragen. Der Hobel forme den Klang der späteren Geige, betont Schleske. Über Stunden höre er in der Stille der Werkstatt auf die Geräusche seiner Werzeuge. Mich faszinieren seine Beschreibungen und sie lassen erkennen, wieviel Erfahrung und Exaktheit im Detail dieses Handwerk erfordert.
Nur wer sein Metier so gut wie er versteht, hat auch die nötige Freiheit, jedes Instrument individuell entstehen zu lassen. Keine Geige klingt wie die andere, sieht aus wie die andere. Schleske ist es wichtig, bei aller eigenen Arbeit und Kunstfertigkeit das Entstehen des Instrumentes auch geschehen zu lassen. Er stelle sich in den Dienst dieses schöpferischen Prozesses.
Über die Autorin
Daniela Engelhard ist Leiterin des Forums am Dom in Osnabrück. Bei der Arbeit in dieser Einrichtung der Citypastoral kommt sie mit vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt. Von Erlebnissen und Themen, die sie bewegen, berichtet sie in ihren Blogbeiträgen.
Wundert es da, dass der Instrumentenbauer auch ein intensiver Gottsucher ist? In seinem neusten Buch „Werk ǀ Zeuge. In Resonanz mit Gott“ legt er für jeden Tag ein Bibelwort aus. Zu dem Wort von den Vögeln des Himmels, die nicht säen und nicht ernten (Matthäus 6,26) schreibt er, wie ihm ein besonders gutes Cello gelungen sei. Der Interessent, ein japanischer Cellist, sei begeistert gewesen. Und sofort sei ihm, dem erfahrenen Geigenbauer, die besorgte Frage gekommen, ob ihm jemals wieder ein solches Instrument gelänge.
Von dieser Sorge habe ihn der Gedanke befreit, dass es Einzigartiges im Leben gebe, das unverfügbar und ein Geschenk sei. Keiner könne und müsse immer Erstklassiges hervorbringen. Und schon gar nicht könne es eine andauernde Steigerung und Verbesserung geben. Man muss nicht Geigenbauer sein, um ähnliche Fragen wie er zu kennen. Diesen Sorgen hält er entgegen: „Nicht alles ist das Verdienst harter Arbeit. Ich bin nicht für jeden Erfolg verantwortlich, darf mich beschenken lassen … Es darf ein unverhofftes Ereignis sein, die Schönheit einer frei und frech zugefallenen Gunst. Atme auf, Seele …“