Welcher Sohn sind Sie?
Bibelfenster zum 13. März 2016
Weiter sagte Jesus: Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht. Da teilte der Vater das Vermögen auf. Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen. Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über das Land und es ging ihm sehr schlecht. Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon. Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben mehr als genug zu essen und ich komme hier vor Hunger um. Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner.
Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von weitem kommen und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Da sagte der Sohn: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein.
Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt ihm einen Ring an die Hand und zieht ihm Schuhe an. Bringt das Mastkalb her und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein. Denn mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie begannen, ein fröhliches Fest zu feiern.
Sein älterer Sohn war unterdessen auf dem Feld. Als er heimging und in die Nähe des Hauses kam, hörte er Musik und Tanz. Da rief er einen der Knechte und fragte, was das bedeuten solle. Der Knecht antwortete: Dein Bruder ist gekommen und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn heil und gesund wiederbekommen hat. Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Sein Vater aber kam heraus und redete ihm gut zu. Doch er erwiderte dem Vater: So viele Jahre schon diene ich dir, und nie habe ich gegen deinen Willen gehandelt; mir aber hast du nie auch nur einen Ziegenbock geschenkt, damit ich mit meinen Freunden ein Fest feiern konnte. Kaum aber ist der hier gekommen, dein Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat, da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet. Der Vater antwortete ihm: Mein Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist auch dein. Aber jetzt müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern; denn dein Bruder war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden.
Einheitsübersetzung, Lukas 15,11-31
Heute in diesem Theater: „Der verlorene Sohn“, auch „Der barmherzige Vater“ genannt. Dieses großartige Stück wird immer wieder gern gesehen, gehört – ein Klassiker der Bibel! Die Rolle des Vaters ist mit Gott selbst besetzt, was für ein Glück, aber zwei Rollen sind noch zu vergeben: Der eine oder der andere Sohn. Welcher sind Sie? Der, der großspurig fortzieht, sich lossagt von allem Bisherigen, der Genussmensch, der Lebemann, der schlussendlich beim Schweinehüten landet? Oder der Pflichtbewusste, der alles richtig Macher, der, der immer brav zuhause bleibt, aber darüber ein enges Herz bekommt?
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Der Vater kommt beiden entgegen: Dem, der sich nutzlos und schuldig sieht genauso wie dem, der sich ungerecht behandelt fühlt. Den Ausreißer sieht er schon von Weitem kommen – heißt, er hält Ausschau nach ihm, hat ihn nicht abgeschrieben, vielleicht sogar Sehnsucht, auf alle Fälle hegt keinen Zorn. Hat immer gehofft, dass er zurückkommt. Und sein anderer Sohn? Auf den er sich immer verlassen konnte, der jetzt aber schmollend vor der Türe bleibt und das Fest boykottiert? Den lässt er auch nicht im Regen stehen. Auch ihm kommt er entgegen. Der Vater verlässt eigens das Fest, um ihn dazu zu holen.
Ganz gleich, wer wir sind in diesem Stück: Diejenigen, die den Glauben an einen guten Gott so langsam aber sicher für überflüssig halten, oder diejenigen, die sich auf eine Scholle zurückziehen und meinen, sie hätten im Glauben schon immer alles richtig gemacht. Gott ist sich nicht zu schade jedem einzelnen von uns querköpfigen, halsstarrigen und eigenmächtigen Kindern geduldig die Arme weit offen zu halten.
Martina Kreidler-Kos,
Frauenseelsorge/Ehe- und Familienpastoral