Ein hörendes Herz
Bibelfenster zum 29. Juli 2011:
Und Salomo sprach: Herr, mein Gott, du hast deinen Knecht anstelle meines Vaters David zum König gemacht. Doch ich bin noch sehr jung und weiß nicht, wie ich mich als König verhalten soll. (…) Verleih daher deinem Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk zu regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden versteht.
Einheitsübersetzung, 1. Könige 3,7.9
Ein „hörendes Herz“ wünscht sich der junge König Salomo von Gott. Nicht Reichtum, nicht Ruhm und Macht, kein langes Leben sondern ein hörendes Herz. Und Gott gewährt ihm diese Bitte. Er schenkt ihm ein „weises und verständiges Herz“. Dabei war der Wunsch Salomos selbst schon eine weise Bitte. Denn Salomo kennt seine Grenzen. Ich weiß nicht, so sagt er, wie ich mich als König verhalten soll. Ich bin noch sehr jung und die Fußstapfen meines Vaters David, in die ich treten soll, sind groß. Wie anders könnte die Welt aussehen, wenn die Regierenden und Mächtigen diese Einsicht und ein „hörendes Herz“ hätten.
Das biblische Herz ist mehr als ein pumpender Muskel, ohne den kein höheres Lebenswesen auskommt. Herz im biblischen Sinn ist der Sitz von Vernunft und Willen, ist auch der Ort der Gefühle und des Gewissens
Ein hörendes Herz wird die Schreie der Hungerflüchtlinge und das Wimmern der sterbenden Kinder im Osten Afrikas hören und sich berühren lassen. So wie es von Gott im Buch Exodus beschrieben wird: „Ich habe das Elend meines Volkes gesehen und ihre Klage habe ich gehört. Ich kenne ihr Leid! Ich bin herabgestiegen, sie zu befreien …“
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Ein hörendes Herz wird auch weise genug sein, den eigenen Anteil an der aktuellen Katastrophe zu sehen. Die Folgen des von den Industrieländern verursachten Klimawandels zerstören die Lebensgrundlagen der Menschen in trockenen Erdregionen immer mehr. Hilfe muss heute mehr sein als Katastrophenhilfe. Sie muss Leben nachhaltig ermöglichen. Das fängt in den reichen Ländern an.
Ein hörendes Herz wird auch zwischen Gut und Böse unterscheiden können. Somalia – das sind doch die Piraten, so heißt es. Tatsächlich: Nachdem die High-Tech-Fangflotten der Industrienationen die Fischgründe vor Somalia geplündert hatten, begannen die somalischen Fischer auf ihre Art für Gerechtigkeit zu kämpfen. Mit kleinen Booten und falschen Mitteln. Bald gewannen professionelle Kriminelle die Oberhand. Die Welt hört aber nicht die Rufe der Fischer, denen die Lebensgrundlage genommen wurde. Sie hört nur die reichen Reedereien. Zu ihrem Schutz patrouillieren Fregatten vor Somalias Küste. Koste es, was es wolle.
„Verleih deinem Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk zu regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden versteht.“ Ein hörendes Herz, ein weises Herz, ein mitfühlendes Herz – es würde die Welt verändern.
Diakon Gerrit Schulte