Festmahl für jeden
Bibelfenster zum 5. September 2013:
Jesus sagte zu dem Gastgeber: Wenn du mittags oder abends ein Essen gibst, so lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich ein, und damit ist dir wieder alles vergolten. Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein. Du wirst selig sein, denn sie können es dir nicht vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.
Einheitsübersetzung, Lukas 10, 12-14
In einem Film von Woody Allan gibt es eine schöne Szene: Er hat ein Auge auf eine Dame geworfen und sie zum Essen eingeladen. Nun präpariert er seine ganze Wohnung, um sie zu beeindrucken (Ähnlichkeiten mit Jugenderinnerungen des Autors dieser Zeilen oder von Leserinnen und Lesern sind rein zufällig). CD, Bücher, Zeitschriften, Sportgerät – alles, was Eindruck machen könnte, wird sorgfältig so platziert, dass es unaufdringlich aber bestimmt ins Auge fällt.
Natürlich ruiniert Woody Alan später die Szene durch sein verwirrtes Sprechen und Verhalten. Männer können in Gegenwart schöner Frauen eben nicht wirklich denken. Doch die Szene zeigt auf humorvolle Weise: Einladungen sind oft berechnend. Ob man den Chef einlädt oder Arbeitskollegen oder Nachbarn oder die Erbtante – nicht selten hofft man doch, das sich das auszahlt. Und sei es eben in dieser unausgesprochenen Übereinkunft von Einladung und Gegeneinladung.
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Im heutigen Evangelium wendet Jesus sich gegen eine solche Art der berechnenden Freundlichkeit. Das ist keine Absage an die Gastlichkeit. Ganz im Gegenteil. Die Evangelien berichten ja, wie gern er an Gastmählern teilgenommen hat. Aber Gastfreundschaft soll echt sein, aus einem weiten Herzen kommen und nicht darauf schauen, ob sie sich rechnet. Und sie soll gerade denen Teilhabe schenken, die auf den ersten Blick nicht „gesellschaftsfähig“ scheinen: die Ausgegrenzten – davon gibt es im manchmal etwas engherzigen kirchlichen Milieu ja nicht wenige. Inklusiv statt exklusiv soll die Festtafel sein.
In diesen Worten liegt eine Herausforderung für Kirche und Gesellschaft. Auf der Gästeliste Jesu finden sich Flüchtlinge und Wohnungslose, Arme und Marginalisierte. Statt von Abschottung und Desinteresse wird sie geprägt von Offenheit und einer Willkommenskultur, die Wertschätzung und Teilhabe, Dialog und Frieden ermöglicht.
Diakon Gerrit Schulte