Fromme Reden reichen nicht

Bibelfenster zum 27. September 2013:

Höret dies, die ihr die Armen unterdrückt und die Elenden im Lande zugrunde richtet und sprecht: Wann will denn der Neumond ein Ende haben, dass wir Getreide verkaufen, und der Sabbat, dass wir Korn feilhalten können und das Maß verringern und den Preis steigern und die Waage fälschen, damit wir die Armen um Geld und die Geringen um ein Paar Schuhe in unsere Gewalt bringen und Spreu für Korn verkaufen? Der Herr hat bei sich, dem Ruhm Jakobs, geschworen: Niemals werde ich diese ihre Taten vergessen!

Einheitsübersetzung, Amos 8, 4-7

2700 Jahre alt sind die Worte und dennoch könnte es zu diesem Sonntag (22. September), der der Caritas gewidmet ist, kaum eine aktuellere Lesung geben. Mit scharfen Worten kritisiert der Prophet Amos die sozialen und religiösen Missstände im Land. Der Prophet ruft die Reichen und Satten, die rücksichtslos gegen die Armen sind, zur Umkehr auf. Die Wahrheit des biblischen Gottes entscheidet sich für ihn an der Wahrheit des gesellschaftlichen und menschlichen Zusammenlebens. Fromme Reden reichen nicht.
Papst Franziskus markiert in heutiger Zeit die bedrängenden Sorgen. Bei seinen Reisen in die Zufluchtsstätten der afrikanischen Flüchtlinge auf Lampedusa oder die Armenviertel in Brasilien spricht er Klartext: Armut und Reichtum, Flucht und Vertreibung, Krieg und Unterdrückung. Er fordert die Menschen zu Mitgefühl und Mitleid auf.
Manchmal reicht auch ein Blick vor die eigene Haustüre, um Handlungsfelder zu erkennen:

  • auf deutsche Banken, die Renditen aus Wetten auf den weltweiten Hunger anbieten,
  • auf den deutschen Rüstungsexport, der weltweit Konflikte fördert,
  • auf Schlachthöfe, die Mitarbeiter durch Werkverträge ausbeuten,
  • auf neue Formen von Not wie Wohnen und Energiearmut…
  • auf Familien und Alleinerziehende, die Beruf und Familie, Pflege und Erziehung unter einen Hut bringen müssen…

Das Bibelfenster

Hier kommentieren jede Woche Menschen aus dem Bistum Osnabrück eine Bibelstelle aus einer der aktuellen Sonntagslesungen – pointiert, modern und vor allem ganz persönlich.

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In der Lesung aus dem Buch des Propheten Amos erkennt man, wohin es führt, wenn Besitzstreben und Ökonomie alles andere überlagern. Der Sabbat als der Tag, der nicht vom Haben sondern vom Sein bestimmt sein soll, stört die Kaufleute in ihren Geschäften. Statt Gebet und Ruhe wollen sie Handel. Zeit ist Geld, nennt das der Volksmund.
Der Deutsche Caritasverband setzt sich dafür ein, dass Menschen wieder mehr Zeit für Besinnung und Muße, für Erziehung und Beziehung, für einander und für andere bekommen. Besonders lenkt die Caritas an diesem Wochenende den Blick auf die Familien. „Familie schaffen wir nur gemeinsam“ lautet der Titel der Jahreskampagne. „Familie sind wir alle“, sagt die Caritas – als Eltern oder Großeltern, als Kinder, als Geschwister, als Onkel oder Tanten. Familie ist auch ein Thema, dass alle sozialen Aufgabenbereiche berührt – von der Armutsfrage bis zur Pflege. Wenn man sich mit den Nöten der Zeit auseinandersetzt und Menschen bis an den Rand der Gesellschaft folgt, taucht man mitten im Evangelium wieder auf. Klicken Sie sich rein!

Diakon Gerrit Schulte