Für wen halte ich eigentlich Jesus?
Bibelfenster zum 28. Juni 2013:
Jesus betete einmal in der Einsamkeit, und die Jünger waren bei ihm. Da fragte er sie: Für wen halten mich die Leute? Sie antworteten: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija; wieder andere sagen: Einer der alten Propheten ist auferstanden. Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Petrus antwortete: Für den Messias Gottes. Doch er verbot ihnen streng, es jemand weiterzusagen.
Einheitsübersetzung, Lukas 9, 18-21
„Für wen halten mich die Leute?“ Wer hat sich diese Frage nicht schon selbst einmal gestellt. Auch Jesus interessiert sich in einer ruhigen Stunde dafür, wie ihn andere Menschen sehen. Er hat nicht immer gute Erfahrungen gemacht mit der berühmten „Fremdwahrnehmung“.
In seiner Heimat stellten die Menschen Jesus radikal in Frage: „Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist? (…) Ist der nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon. Leben nicht seine Schwestern hier unter uns?“ (Mk 6,1-3) Mit anderen Worten: Was bildet der sich eigentlich ein?
Von seiner eigenen Familie wird eine noch härtere Einschätzung überliefert. Als die Menschen wieder einmal zusammenlaufen, um Jesus zu hören, heißt es: „Seine Angehörigen machten sich auf den Weg, um ihn mit Gewalt zurückzuholen; denn sie sagten: Er ist von Sinnen.“ (Mk 3,20) Das ist die biblische Version von: Der hat nicht alle Tassen im Schrank!
Das Bibelfenster
Hier kommentieren jede Woche Menschen aus dem Bistum Osnabrück eine Bibelstelle aus einer der aktuellen Sonntagslesungen – pointiert, modern und vor allem ganz persönlich.
Haben Sie eine Frage? Eine ganz andere Idee zum Thema? Oder möchten das Bibelfenster als kostenlosen Newsletter abonnieren?
Dann schreiben Sie uns!
An bibelfenster@bistum-os.de
Ach, und dann gibt es da noch diesen schönen Stoßseufzer Jesu darüber, wie er von den Anderen gesehen wird: „Johannes ist gekommen, er isst und trinkt nicht und sie sagen: Er ist von einem Dämon besessen. Der Menschensohn ist gekommen, er isst und trinkt; darauf sagen sie: Dieser Fresser und Säufer, dieser Freund der Zöllner und Sünder!“ (Mt 11,18f) Das klingt nach dem Song der „Ärzte“: „Lass die Leute reden, hör ihnen nicht zu…“
Im Evangelium vom Sonntag (23.6.13) gehen die Jünger freundlicher mit Jesus um: Die Zeitgenossen halten ihn danach für etwas ganz Besonderes: Für Johannes den Täufer, für Elija, für einen der alten Propheten… Und für wen haltet ihr mich, unterbricht Jesus die Freundlichkeiten. Petrus, der Jesus später in seiner schwersten Stunde verleugnen wird, antwortet für die anderen mit einem nachösterlichen Bekenntnis: „Du bist der Messias Gottes!“ Doch Jesus gebietet ihm zu schweigen, das Geheimnis zu wahren, denn der Weg zum Osterfest führt erst noch über Leiden und Sterben in Jerusalem.
Für wen halten mich die Leute? Für wen haltet ihr mich? Das Beispiel Jesu zeigt: Es ist gut, danach zu fragen, wie man von anderen gesehen wird. Besser ist es, authentisch der zu sein, der man ist, auch wenn die Leute reden. Am Besten ist es, das Geheimnis zu entdecken, dass Gott in jeden Menschen gelegt hat.
Für wen halte ich eigentlich Jesus?
Diakon Gerrit Schulte