„Ganz ehrlich: Meins wäre das nicht!“

Bibelfenster zum 17. Juli 2015

Er [Jesus] rief die Zwölf zu sich und sandte sie aus, jeweils zwei zusammen. Er gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben, und er gebot ihnen, außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen, kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Gürtel, kein zweites Hemd und an den Füßen nur Sandalen.
Und er sagte zu ihnen: Bleibt in dem Haus, in dem ihr einkehrt, bis ihr den Ort wieder verlasst. Wenn man euch aber in einem Ort nicht aufnimmt und euch nicht hören will, dann geht weiter und schüttelt den Staub von euren Füßen, zum Zeugnis gegen sie. Die Zwölf machten sich auf den Weg und riefen die Menschen zur Umkehr auf. Sie trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.


Einheitsübersetzung, Markusevangelium 6, 7-13

 

Vielleicht kennen Sie das: Es klingelt – und vor der Tür stehen Zeugen Jehovas, die mehr oder weniger hartnäckig versuchen, ihre Botschaft an den Mann und an die Frau zu bringen. Nun mag man von deren Methoden und Botschaften halten, was man will – beeindruckend finde ich aber schon, dass sie von Haus zu Haus gehen und sich den Leuten zumuten. Ganz ehrlich: meins wäre das nicht! Da halte ich lieber vor einer Gruppe einen Vortrag oder bringe Leute miteinander ins Gespräch, am allerliebsten, wenn ich vorher schon weiß, dass die Leute für das offen sind, was ich zu sagen habe. Ich bin froh, dass von mir noch niemand verlangt hat, einfach loszuziehen und so die Frohe Botschaft unter die Leute zu bringen.

Aber genau das macht Jesus mit seinen Jüngern in diesem Abschnitt des Markusevangeliums: Er sendet sie aus. Nichts sollen sie mitnehmen, nicht einmal leichtes Gepäck. Die Jünger haben keine langwierige Ausbildung als Wanderprediger hinter sich, haben nichts im Gepäck an Medien und Materialien, keine schlauen Nachschlagewerke und kein Zertifikat über den erfolgreichen Abschluss eines Rhetoriktrainings. Und doch, es klappt: „Die Zwölf machten sich auf den Weg und riefen die Menschen zur Umkehr auf. Sie trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.“

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Wie kann so wenig zu Erfolg führen? Dieser Frage widmet sich das Markusevangelium: Kein Gepäck mitschleppen zu müssen, bringt Entlastung, gibt die Möglichkeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Auch eine Entlastung: keiner ist alleine unterwegs – die Jünger machen sich immer zu zweit auf den Weg. Da können sie sich absprechen, was dem einen nicht einfällt, dafür findet der andere Worte, sie können einander ergänzen. Und noch eine dritte Entlastung: Die Jünger müssen nicht jeden überzeugen, sie dürfen weitergehen, wo sie nicht willkommen sind. Was das Markusevangelium nicht ausdrücklich sagt: Die Jünger dürfen und können darauf vertrauen, dass ihnen die nötigen Fähigkeiten für ihre Aufgabe schon mitgeben sind. Jesus stattet sie mit der nötigen Vollmacht aus, wie es hier heißt. Sicher haben sie sich auch einiges bei Jesus selber vorher abgeguckt. Und: sie sind von ihrer Botschaft überzeugt, sonst würden sie nicht zu den Zwölf gehören.

Innere Überzeugung, (Gott-)Vertrauen und Teamwork können vieles wettmachen, was an Technik und Methodik vielleicht fehlen sollte. Das kennen wir aus der Arbeitswelt, aus Freizeit und Kultur. Ich kenne das auch von mir selber: Da, wo mir meine Botschaft klar ist, ich auf Unterstützung bauen kann und zuversichtlich an etwas herangehe, geht es mir viel leichter von der Hand. Deswegen muss nicht jeder gleich von Haus zu Haus ziehen mit dem, was er oder sie zu sagen hat – aber vielleicht geht doch mehr, als man sich zuerst zutraut.

Inga Schmitt, Pastoralreferentin