Gott in der Wolke

Bibelfenster zum 17. Juni 2014

In jenen Tagen stand Mose am Morgen zeitig auf und ging auf den Sinai hinauf, wie es ihm der Herr aufgetragen hatte. Der Herr aber stieg in der Wolke herab und stellte sich dort neben ihn hin. 

Einheitsübersetzung, Exodus 34,4b.5

Den Kopf in den Wolken – also nicht ganz bei der Sache sein. Auf Wolke7 schweben – verliebt und allem etwas entrückt sein. Und wer in Wolkenkukucksheim lebt, der hat den Bezug zur Wirklichkeit mehr oder weniger verloren. Das Bild der Wolke steht auch in unserem Sprachgebrauch für Zustände, in denen jemand – aus welchen Gründen auch immer – in anderen Sphären schwebt und nicht ganz in den Abläufen steckt, die wir Alltag oder Realität nennen.

Mose ist einer im Alten Testament, der Gott so nahe kommt wie sonst keiner: Er darf mit Gott auf Augenhöhe verkehren, heißt es in manchen Texten, sogar von Freundschaft ist die Rede – doch Gott bleibt dabei in seiner Wolke. Mose will immer mehr von ihm sehen und Gott gibt nach so gut es geht, aber ein Stück Ferne, Unberührbarkeit, Befremdliches bleibt – auch für jemanden wie Mose. Die Wolke bleibt.
Es gibt Menschen wie Mutter Teresa, wie Therese de Lisieuex oder auch Teresa von Avila – nehmen wir mal nur die mit dem Namen Theresa, denen wir schnell besondere Gottesnähe attestieren. Sie haben ein beeindruckendes spirituelles Erbe hinterlassen. Aber auch sie standen in Phasen ihres Lebens oder an dessen Ende vor einem abgründig-unbekannten Gott, verdunkelt von der Wolke und allem entzogen, was sie meinten, von ihm erkannt zu haben.

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Und nicht nur diese Heroinnen der Gottessuche, auch heutige Begleiterinnen und Begleiter auf dem Glaubensweg erzählen, wie gemachte Glaubenserfahrungen aufgebrochen wurden und das früher Erlebte auf einmal ungültig erscheint: „Ich weiß nicht, ob ich überhaupt noch glaube“, sagte kürzlich jemand von ihnen zu mir. Die Gotteswolke verdunkelt den Glaubenshimmel – manchmal schmerzhaft.
Und gleichzeitig heißt es, stellt sich Gott  dort neben Mose hin, ist an seiner Seite, der Vertraute, der Verlässliche neben ihm.
Genau das feiern wir am Dreifaltigkeitssonntag: Gott bleibt in seiner Wolke und steht zugleich an unserer Seite. So schlicht kann man auch sagen, was Dreifaltigkeit meint und diesen Satz übersetzen, der die Logik sprengt „Gott ist dreifaltig einer“: Halte aus, dass Gott dir fremd bleibt, vielleicht sogar immer fremder und unzugänglicher wird, und lass dich ein auf ihn als den Verlässlichen an deiner Seite.

Ina Eggemann