Jünger? Ich doch nicht!
Bibelfenster zum 22. Mai 2015
In jenen Tagen erhob sich Petrus im Kreis der Brüder – etwa hundertzwanzig waren zusammengekommen – und sagte: Brüder! Es musste sich das Schriftwort erfüllen, das der Heilige Geist durch den Mund Davids im Voraus über Judas gesprochen hat. Judas wurde zum Anführer derer, die Jesus gefangen nahmen. Er wurde zu uns gezählt und hatte Anteil am gleichen Dienst. Denn es steht im Buch der Psalmen: Sein Amt soll ein anderer erhalten! Einer von den Männern, die die ganze Zeit mit uns zusammen waren, als Jesus, der Herr, bei uns ein und aus ging, angefangen von der Taufe durch Johannes bis zu dem Tag, an dem er von uns ging und in den Himmel aufgenommen wurde, – einer von diesen muss nun zusammen mit uns Zeuge seiner Auferstehung sein.
Und sie stellten zwei Männer auf: Josef, genannt Barsabbas, mit dem Beinamen Justus, und Matthias. Dann beteten sie: Herr, du kennst die Herzen aller; zeige, wen von diesen beiden du erwählt hast, diesen Dienst und dieses Apostelamt zu übernehmen. Denn Judas hat es verlassen und ist an den Ort gegangen, der ihm bestimmt war.
Dann gaben sie ihnen Lose; das Los fiel auf Matthias, und er wurde den elf Aposteln zugerechnet.Einheitsübersetzung, Apostelgeschichte 1,15-17.20a.20c-26
Zwölf Jünger sollen es sein. Daran halten die Apostel auch nach Ostern fest. Die zwölf Jünger erinnern an die zwölf Stämme Israels – so hat Jesus es gewollt. Jetzt stehen Veränderungen an: für Judas, den Verräter, soll ein neuer Mann gefunden werden. Die Erwartungen an den Neuen sind klar umschrieben: Es muss ein Mann sein. Er muss von Anfang an dabei gewesen und mit Jesus und seinen Aposteln umher gezogen sein. Außerdem soll er – wie die anderen auch – Zeuge der Auferstehung sein. Zwei Männer kommen in die engere Wahl: Joseph, genannt Barsabas, mit dem Beinamen Justus, und Matthias. Vom Eifer der Männer für das Amt, von ihrer Begeisterung für die Aufgabe erfahren wir in der Apostelgeschichte nichts. Ob sie sich gefreut haben, zur Wahl zu stehen?
Die Erzählung spielt zwischen Himmelfahrt und Pfingsten. Die Umstände sind eher schwierig: Die junge Kirche ist eingeschüchtert, die ersten Christen fürchten Verfolgung und Anfeindungen. So sterben, wie Jesus – das möchte niemand. Die Jünger treffen sich lieber hinter verschlossener Tür, statt mutig raus zu gehen und Zeugnis von ihrem Glauben zu geben…
Für das Amt des neuen Apostels bewirbt sich also niemand. Interessant ist aber: von vorgeschobenen Gründen ist auch nicht die Rede.
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Keine Zeit, zu viel zu tun, ich doch nicht, andere können das besser – kein Wort davon. Spannend ist auch: als die beiden Kandidaten stehen, wird Gott in die Entscheidung einbezogen. Nach einer Vorauswahl gibt die Gruppe den letzten Schritt aus der Hand – in Gottes Hand. Die letzte Wahl trifft er. Sein Geist soll hier wirken. Das Los fällt auf Matthias.
Matthias nimmt das Amt an – und das in einer Zeit, in der noch nicht klar ist, wie „die Sache Jesu“ weiter geht, in einer Zeit geprägt von Furcht und Unsicherheit. Doch gerade jetzt braucht es Männer und Frauen, die mutig für das einstehen, woran sie glauben und worauf sie hoffen. Männer und Frauen mit Visionen.
Ähnlich wie bei uns heute: in einer Zeit, in der die Kirche eine Stimme von vielen ist in der Gesellschaft, in der der Glaube an Gott nicht mehr selbstverständlich ist und Kirchen leer bleiben. Da braucht es Männer und Frauen, die mutig Verantwortung übernehmen und Reich Gottes mitgestalten. Auch heute gilt das Wort von damals: Jünger Jesu gesucht!
Katharina Engelen