Du bester Tröster

Bibelfenster zum 24. Mai 2013:

Und ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll. Es ist der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird. Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, sondern ich komme wieder zu euch. Nur noch kurze Zeit, und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich, weil ich lebe und weil auch ihr leben werdet. An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch.

Einheitsübersetzung, Johannes 14, 16-20

 

Es gibt Stunden, in denen jeder Mensch im Innersten allein ist. Er sehnt sich danach, jemanden bei sich zu haben. Ein solcher „Herbeigerufener“ ist der Heilige Geist. Der Geist ist da. Er tröstet die Herzen. Im Johannesevangelium der Einheitsübersetzng kündigt Jesus den Heiligen Geist, den „Parácletos“, als Beistand an: „Ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll.“ Martin Luther hat sich in seiner Übersetzung für ein anderes, eindringlicheres Wort entschieden: „Er wird euch einen Tröster geben“. Tröster und Beistand, diese Worte stehen in den alten Pfingsthymnen quasi als einander ergänzende Begriffe nebeneinander. Die lateinische Pfingstsequenz „Veni Sancte Spiritus“ aus dem 12. Jahrhundert ruft nach dem Geist als dem „Consolator optime“, dem „besten Tröster“.
Warum Tröster? Um dieses Wort zu verstehen, lese man den Kontext der Geistverheißung Jesu im Johannesevangelium: „Ich lasse euch nicht als Waisen zurück“, sagt Jesus. Waisenkinder, so fühlen sich Menschen, die niemanden haben, die sich vergeblich nach Trost sehnen. Nach dem gleichen Trost, den Eltern ihren Kinder geben. Ein Kind zu trösten, heißt es in den Arm nehmen und damit sagen: „Ich bin bei dir“. Ich bin bei dir, ich fühle mit dir, du bist nicht allein. Trost kann etwas gut machen, was nicht gut ist. Auch wenn auf diese Weise kein aufgeschlagenes Knie heil und kein geklautes Spielzeug wieder hergezaubert wird.

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„Du bester Tröster, Du. Man muss dem Wort den harmlosen und tantenhaften Sinn nehmen“, schrieb Alfred Delp 1944. Der 1945 ermordete Jesuitenpater und Theologe hat in seinen „Meditationen zur Pfingstsequenz“ das Wort vom „Tröster Geist“ zeitgemäß beschrieben. Er schrieb darüber im Gefängnis, als zum Tode Verurteilter. Seine eigene Lage war mehr als trostlos. Oder vielmehr: Sie wäre trostlos gewesen ohne die tatsächliche, erfahrbare Gegenwart des Heiligen Geistes.
„Die Trostlosigkeit ist ein Zustand des Geistes und Gemütes, der sich ergibt aus der erfahrenen und erkannten Kümmerlichkeit und Dürftigkeit der Verhältnisse, der Zustände, der Wirklichkeit, besonders der eigenen“, schreibt Delp. „Das Trösten besteht nun nicht im billigen Wegreden der trostlosen Lage. Sondern entweder im Schaffen neuer Zustände, über die der Geist wieder sich freuen kann, zufrieden sein kann. Der echte Tröster muss entweder diese neue Lage schaffen oder die alte Lage in solche echten Zusammenhänge bringen, in denen der Kümmerlichkeitscharakter schwindet, die ganze Lage einen echten Sinn bekommt. Beides aber ist gerade das Werk des Geistes an uns.“

Der Heilige Geist, so führt Alfred Delp weiter aus, gibt den Seinen Kraft in den drei Grundnöten der kümmerlichen Kreatur: Erstens in der Arbeit, der zermürbenden Not und Sorge des Alltags, in der der Mensch zu verdursten droht. Zweitens im Feuersturm der Bedrängnis, die den Menschen in die Enge treibt, überwältigt und in ohnmächtiger Glut zurücklässt. Drittens im großen Weinen, in Kummer und Jammer, der dem Lebensrausch folgt. Dieses große Weinen hat der Verurteilte um sich herum gesehen: „Die Triumphzüge des großen Lebens wandeln sich, zuerst in harte Kriegszüge, dann in elende Bettler- und Notzüge und schließlich in endlose Leichenzüge. Wieder stöhnt die Kreatur auf und weiß nicht weiter in diesem blutigen, ausweglosen Kreis.“

Diese Beschreibung trifft nicht nur auf die Endphase des Zweiten Weltkriegs zu. Auch in weniger radikalen Situationen gibt es diese Erfahrung: Die Überheblichkeit des Emporstrebenden, seine Jagd nach dem Erfolg und Genuss endet mit dem tiefen Fall, in der Erkenntnis der eigenen Kümmerlichkeit, des sinnlosen Jagens. Alfred Delp: „Wenn wir die inneren Quellen nicht finden, helfen uns keine Anspannungen und keine äußere Ruhe. Wo aber der Geist Gottes den Menschen anrührt, da gerät er über seine Maße hinaus, und es ist immer etwas von der heiligen Stille und seligen Ruhe, der erholsamen Ruhe der Gottesnähe, des Domes, der Waldlandschaft, der guten Freundschaft in ihm.“

Andreas Hüser, „neue KirchenZeitung“