Quelle des Glaubens
Bibelfenster zum 13. Januar 2012:
In jenen Tagen kam Jesus aus Nazaret in Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen. Und als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass der Himmel sich öffnete und der Geist wie eine Taube auf ihn herabkam. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.
Einheitsübersetzung, Markus 1, 9-11
„In der Nähe eines alten Bauernhauses lag ein alter Brunnen“, so heißt es in einer Geschichte von John A. Sanford. „Sein Wasser war ungewöhnlich kalt und rein und köstlich zu trinken. Aber das Besondere war: Er trocknete nie aus. Selbst bei der größten sommerlichen Dürre, wenn schon überall das kostbare Nass rationiert wurde, gab er getreu sein kühles, klares Wasser. Dann kam die Zeit, wo alles modernisiert wurde. Das Haus wurde umgebaut; es wurde auch eine moderne Wasserleitung gelegt. Den alten Brunnen brauchte man nicht mehr. Er wurde verschlossen und versiegelt. So blieb es mehrere Jahre.
Eines Tages wollte ein Hausbewohner aus Neugierde noch einmal in die dunkle und feuchte Tiefe des Brunnens sehen. Er deckte ihn ab und wunderte sich: Der Brunnen war total ausgetrocknet. Der Mann wollte herausbekommen, wie das geschehen konnte. Aber es dauerte lange, bis er den Grund wusste: Ein solcher Brunnen wird von hunderten winziger Bäche gespeist, die unter der Erde für den ständigen Wasservorrat sorgen. Die winzigen Öffnungen der vielen Bächlein bleiben rein und offen, wenn immer wieder Wasser abgeschöpft wird. Wird ein solcher Brunnen aber nicht mehr benutzt, dann versiegen die Bäche.“
In den vergangenen Tagen sprudelten bei uns in feierlichen Gottesdiensten, Krippenspielen und der Sternsingeraktion wieder viele „Bäche“ des Glaubens. Sie wollen an die Geburt Jesu im Stall von Bethlehem erinnern. Unsere Beziehung zu Jesus von Nazareth können wir aus den Augen verlieren, wenn sie nicht immer wieder neu geweckt wird, wenn wir die Beziehungen zum Ursprung nicht lebendig gestalten. Dann kommt eine Zeit, wo es um dieses Kind, um Jesus, still wird.
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Szenenwechsel: Dreißig Jahre hören wir in der Bibel nichts über den Sohn des Zimmermanns aus Nazareth. Bis zu dem Augenblick, wo er am Ufer des Jordans anzutreffen ist. Mitten unter vielen Leuten, die eigentlich den Propheten aus der Wüste erleben wollen, ist er. Nicht im Tempel bei den Priestern, nicht im Kreis der Schriftgelehrten an der Hochschule, nicht im Beraterstab des Herodes. Sein Cousin, Johannes der Täufer, der Prophet aus der Wüste, hält noch einmal seine Adventspredigt: dass da einer kommen soll, der viel größer und wichtiger ist als er selbst. Plötzlich, aus heiterem Himmel, taucht er auf, über den Gott sich freut: „Du bist mein geliebter Sohn. An dir habe ich Gefallen gefunden.“ Jesus wird mitten unter den Leuten getauft. Der Unbekannte wird bekannt. Ein neuer Aufbruch.
Die Taufe Jesu erinnert uns an unsere eigene Taufe. Wir sind auf seinen Namen getauft. Gestalten wir unseren Alltag aus der Gnade der Taufe. So können wir vermeiden, dass unser Brunnen des Glaubens versiegt.
Und wenn uns das einmal schwerfällt? Wenn uns das vielleicht sogar über Jahre nicht recht gelingt? Wenn das Wasser im Brunnen verflixt knapp wird? Dann könnte es hilfreich sein, von Zeit zu Zeit das allzu Bekannte zu verlassen und zum Jordan zu gehen, an einen abgelegenen Ort, zusammen mit anderen Menschen, die auf der Suche ihres Lebens sind und die sich zugleich die Offenheit bewahrt haben, unverhofft fündig zu werden. Gemeinsam könnten wir auf Jesus treffen. Er will uns begegnen. Ein neuer Aufbruch – aus heiterem Himmel!
Generalvikar Theo Paul