Allein sein und die Seele baumeln lassen
Bibelfenster zum 27. Juli 2012:
In jener Zeit versammelten sich die Apostel, die Jesus ausgesandt hatte, wieder bei ihm und berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten. Da sagte er zu ihnen: Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus. Denn sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen. Sie fuhren also mit dem Boot in eine einsame Gegend, um allein zu sein.
Einheitsübersetzung, Markus 6,30-32
„Wie schön, dass du da bist – und nicht hier!“ Ganz schön gemein, kann man da nur sagen. Das Zitat aus dem fröhlichen Urlaubsroman „Schloß Gripsholm“ von Kurt Tucholsky eignet sich wunderbar als „böse“ Postkarte an die liebe Daheimgebliebene. Hinter dem schwarzen Humor Tucholskys verbirgt sich der Grundgedanke des Urlaubs: die Mühen des Alltags hinter sich lassen.
Das versuchen im Markus-Evangelium auch die Jünger. Jesus sagt zu ihnen: „Kommt mit an einen einsamen Ort und ruht ein wenig aus.“ Zuvor hatte er die Apostel ausgesandt zu heilen und zu verkünden. Mühselig und staubig waren die Wege, hart und bitter manche Erfahrungen. Dann kommen sie zurück, berichten Jesus von ihren Taten, aber der Stress geht weiter: Sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so heißt es. Ganz unverblümt schildert Markus die Erschöpfung der Apostel. Sie sind reif für die Insel. Ferienreif.
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Dann folgt das Entscheidende: Das Heraustreten aus dem Alltag, sich Zeit nehmen – um wieder Kräfte zu sammeln. Jesus sagt den Aposteln, wie das eigentlich geht. Er nennt drei Dinge.
Erstens: Sich aufmachen, den Alltag unterbrechen: Kommt mit! Das ist das Entscheidende.
Zweitens: Der Ortswechsel. Eine neue Umgebung suchen, einen anderen Ort. Auch innerlich.
Drittens: Ruht ein wenig aus. Stille werden, Ruhe finden. Das heißt bei Jesus auch immer, sich besinnen auf das Eigentliche, auf die Beziehung zu Gott.
Wem dieser Dreischritt gelingt, der kann abseits von Lärm und Hetze, abseits vom Gelebt werden von Zwängen und Terminen – auch abseits von seinen Sorgen und Nöten, eine große Tiefe in sich entdecken; die Sehnsucht nämlich nach einem erfüllten Leben, letztlich die Sehnsucht nach dem Paradies. Wir sprechen ja nicht umsonst von „Urlaubsparadiesen“. Tucholsky sagt es in Schloß Gripsholm ganz einfach und nun doch mit der „Prinzessin“ an seiner Seite: „Wir lagen auf der Wiese und baumelten mit der Seele.“
Gerrit Schulte