Psst!
Bibelfenster zum 15. August 2014
In jenen Tagen kam Elija zum Gottesberg Horeb. Dort ging er in eine Höhle, um darin zu übernachten. Doch das Wort des Herrn erging an ihn: Geh hinaus und stell dich auf den Berg vor den HERRN! Und sieh – da ging der HERR vorüber. Und vor dem HERRN her kam ein großer und gewaltiger Sturmwind, der Berge zerriss und Felsen zerbrach, in dem Sturmwind aber war der HERR nicht. Und nach dem Sturmwind kam ein Erdbeben, in dem Erdbeben aber war der HERR nicht. Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer, in dem Feuer aber war der HERR nicht. Nach dem Feuer aber kam das Flüstern eines sanften Windhauchs (oder nach Martin Buber: „Stimme eines verschwebenden Schweigens“).
Zürcher Bibel, 1. König. 19, 9-13
„Ich hörte auf die Stille“ – so lautet der Titel eines spirituellen Klassikers von Henri Nouwen. Ein schöner Titel, finde ich. Er lässt aufmerken, weil er ein Paradox enthält: Still ist es doch dann, wenn das Laute verstummt, die Geräusche verklingen und es deshalb so gut wie nichts mehr zu hören gibt. Im Buchtitel von Henri Nouwen wird aber gerade das Gegenteil gesagt: Die Stille spricht, sie äußert sich und es lohnt sich, ihr gut zuzuhören. Der scheinbar widersprüchliche Ausdruck vom „Hören auf die Stille“ lässt ahnen, dass die Stille nicht so leicht vernehmbar wird. Möglicherweise braucht das Hören auf die Stille Übung oder es ist gar eine Kunst.
Ich erinnere mich an Kommentare aus meiner Umgebung zum Thema „Stille“. Sie sind widersprüchlich: Etliche äußern den Wunsch, endlich Ruhe und Stille zu finden. Hektik und Betriebsamkeit sollen zum Stillstand kommen; das unruhige Leben soll wie auch immer still stehen.
Andererseits, wenn der Weg in die Stille Alleinsein, Schweigen, Abschalten von Handy, Tablet, Laptop etc. bedeutet, dann macht die Stille oft Angst, als wäre sie ein Dschungel mit unberechenbaren Gefährdungen oder ein Fall ins Nichts.
Manche kennen „Stille“ auch als einen Moment, in dem das Leben sich so verdichtet, so bedeutsam, intensiv und gefüllt ist, dass es still wird.
Glück kann still machen, Leid aber auch: „So still, dass jeder von uns wusste, das hier ist für immer… So still, dass alle Uhren schwiegen, ja, die Zeit kam zum Erliegen“ – mit diesen Worten beschreibt der junger Sänger der Band „Jupiter Jones“ seine Empfindungen nach dem Tod seiner Mutter: Es wurde so still.
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Einen besonderen Moment der Stille erfährt auch der Prophet Elija. Er hat seinen Gott verloren, nach vielen erfolgreichen Lebensetappen ist er in einer tiefen Krise und keine Erfahrung mit Gott, die in der Vergangenheit gemacht hat, sagt ihm noch etwas. Vor allem in mächtigen Ausdrucksformen kann er Gott nicht mehr finden. Erst als es still wird, offenbart sich Gott ihm wieder neu.
Stille in der Gottes Gegenwart vernehmbar wird – nicht nur Henri Nouwen hat diese Stille gesucht und hören wollen…
Ina Eggemann