Die Tür zu Gott
Bibelfenster zum 15. Mai 2014
In jener Zeit sprach Jesus: „Amen, amen, das sage ich euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe. Ihm öffnet der Türhüter, und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus. Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus, und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme. Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme des Fremden nicht kennen.“ Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus; aber sie verstanden nicht den Sinn dessen, was er ihnen gesagt hatte.
Weiter sagte Jesus zu ihnen: „Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen. Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört. Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden. Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“Einheitsübersetzung, Johannes 10,1-10
Ich kann verstehen, dass die Jünger nicht gleich verstanden haben: Jesus identifiziert sich mal mit der Tür, mal mit dem Hirten – das ist schon etwas verwirrend…
Jesus, der Hirte, und wir, seine Schafe – dieses Bild kennt man ja. Wobei das Hirt-Herde-Modell nicht ganz einfach ist für uns moderne Menschen: Wer will heute schon Schaf sein? Allenfalls Unschuldslamm.
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Jesus, die Tür für die Schafe – auch das ist einigermaßen vertraut: durch ihn haben wir Zugang zum himmlischen Vater, er ist für uns die Tür zu Gott. Nun sagt Jesus jedoch hier über sich: „Ich bin die Tür zu den Schafen.“ Dazu drei Punkte:
1. Wer anderen gut will, wer einen guten Zugang zum Mitmenschen sucht, der (und die) orientiert sich am besten an Jesus, handelt solidarisch wie er, so wie er handeln würde. Wobei es häufig nicht einfach ist, das herauszufinden.
2. Je mehr wir Jesus verstehen, umso mehr verstehen wir dadurch andere und uns selbst; denn letztlich wird an ihm deutlich, was Menschsein heißt. Darum krieg ich Lust, mich mal wieder neu mit diesem Jesus zu beschäftigen. Allerdings: Wer ihn verstehen und ihm nachfolgen will, den führt er, „die Tür zu den Schafen“, zum Mitmenschen.
3. Wie man aus beiden Richtungen durch eine Tür gehen kann, so kann ich auch diesen zweiten Gedanken umdrehen: Wo Menschen aufeinander zugehen, einander liebevoll begegnen und verstehen, da verstehen wir etwas von Jesus Christus, da ist er mit im Spiel. Und er ist eben nicht nur Mensch. Darum möge man mir, einem Caritastheologen, nachsehen, wenn ich diese bekannte Liedzeile an den Schluss stelle: „Ubi caritas et amor, deus ibi est – Wo die Güte und die Liebe, da ist Gott“. Da beginnt Leben in Fülle.
Martin Splett, Caritasverband für die Diözese Osnabrück