Wer wagt gewinnt
Bibelfenster zum 2. September 2014
Von da an begann Jesus seinen Jüngern zu eröffnen, was Gott mit ihm vorhatte: dass er nach Jerusalem gehen musste, dass er dort von den Ratsältesten, den führenden Priestern und den Gesetzeslehrern vieles erleiden musste, dass er getötet werden und am dritten Tag auferweckt werden musste. Da nahm Petrus ihn beiseite, fuhr ihn an und sagte: „Das möge Gott verhüten, Herr; nie darf dir so etwas zustoßen!“ Aber Jesus wandte sich von ihm ab und sagte: „Geh weg! Hinter mich, an deinen Platz, du Satan! Du willst mich von meinem Weg abbringen! Deine Gedanken stammen nicht von Gott, sie sind typisch menschlich.“ Dann sagte Jesus zu seinen Jüngern: „Wer mir folgen will, muss sich und seine Wünsche aufgeben, sein Kreuz auf sich nehmen und auf meinem Weg hinter mir hergehen. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren. Aber wer sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen. Was hat ein Mensch davon, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber zuletzt sein Leben verliert? Womit will er es dann zurückkaufen? Denn der Menschensohn wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln kommen. Dann wird er allen vergelten nach ihrem Tun.“
Bibel 2000, Matthäus, 16,21-27
Auch als Rentner – oder vielleicht erst dann so richtig, weil ich mehr Zeit zur Zuwendung habe – begegne ich Menschen, die das „Schicksal“ heftig getroffen hat: Die Tochter ist tödlich verunglückt, die dritte Fehlgeburt, die Ehefrau hat im Büro einen jüngeren Liebhaber gefunden, der Ehemann stirbt in jungen Jahren, einfach so. Nichts deutete den Tod an. Eine junge Frau, die ich einst als Jugendliche in Pflege hatte, liegt morgens tot im Bett, mit 45 Jahren.
Soll ich da anderen sagen und auch mir: „Wer mir folgen will, muss sich und seine Wünsche aufgeben, sein Kreuz auf sich nehmen und auf meinem Weg hinter mir hergehen. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren. Aber wer sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen“? Da dreht sich mein Magen um.
Wie könnte ich meinen, dass diese Menschen auf der Gewinnerseite stünden? Und sollte ich ihnen dieses Jesuswort zumuten? Wohl kaum. Denn unser Leben so ohne Weiteres mit Jesu Leben zu vergleichen – das geht nicht. Außerdem: wie soll ich die 2000 Jahre Distanz überbrücken?
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Und doch: Das Wort Jesu steht dort. Unwiderruflich. Geradezu festgemauert. Und nun?Es gibt immer wieder kleine Geschichten, die auch meinen Erfahrungen entsprechen (Glück? Pech? Wer weiß…). Manches Mal ist eine versäumte Gelegenheit im Nachhinein Gewinn; mancher Tod eher Erlösung und Befreiung. Für den Toten und die Angehörigen. Manche Niederlage entpuppt sich oft erst Jahre später als Sieg. Ich denke, wir sollten stets genauer hinsehen und auch im Urteil abwarten können.
Klaus Warning, Pastor in Teilzeit