Wie sehr ich an manchem Reichtum hänge
Bibelfenster zum 15. Oktober 2015
In jener Zeit lief ein Mann auf Jesus zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen? Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Gott, dem Einen. Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter! Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt. Da sah ihn Jesus an, und weil er ihn liebte, sagte er: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach!
Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen. Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. Sie aber erschraken noch mehr und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden? Jesus sah sie an und sagte: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.”
Einheitsübersetzung, Markus 10,17-27
Die Reichen, das sind zunächst die Wohlhabenden, klar. Doch ebenso könnten Einfluss-Reiche und Erfolg-Reiche mit weniger Geld gemeint sein; es gibt auch einen Reichtum an Fähigkeiten oder Kontakten oder (sinn-vollen) Aufgaben. All diesen Reichen will Jesus wohl nicht ein schlechtes Gewissen machen. Vielmehr höre ich ihn liebevoll statt vorwurfsvoll fragen: „Wie sehr hängst Du an Deinem Reichtum? Worauf baust Du wirklich?“ Ein Wort von Martin Luther kommt mir in den Sinn: „Woran Du Dein Herz hängst, das ist Dein Gott.“
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Reichtum, ob materiell oder anderweitig, ist nicht einfach schlecht; es kommt darauf an, wie ich mit ihm umgehe. Ich fühle mit dem Mann im Evangelium, der traurig wird. Und das nicht, weil ich auf ein jenseitiges Himmelreich schiele, sondern weil auch ich schmerzlich spüre, wie sehr ich an manchem Reichtum hänge und mich das teilweise unfrei macht – eigentlich sollte ich als gottgläubiger Mensch doch unabhängiger von Götzen sein, seufz …
Aus dem letzten Satz des Evangeliums lese ich einen Trost, doch keinen Freibrief zum Nichtstun: Mit göttlichem Beistand können Reiche gegen ihre menschliche Schwäche angehen; das ist gut für diejenigen, mit denen sie teilen, und das ist gut für sie selbst.
Martin Splett, Caritasverband der Diözese Osnabrück