Biotop des Glaubens

Als Johannes Jesus vorbeigehen sah, sagte er: „Seht dort das Opferlamm Gottes.“ Die beiden hörten es und gingen Jesus nach. Jesus drehte sich um, sah, dass sie ihm folgten, und fragte: „Was sucht ihr?“ Sie antworteten: „Wo wohnst du, Rabbi?“ – Rabbi bedeutet Lehrer. „Kommt, dann werdet ihr es sehen!“, antwortete er. Sie gingen mit ihm, sahen, wo er wohnte, und verbrachten den Rest des Tages mit ihm. Es war ungefähr vier Uhr nachmittags.

Johannes 1, 36-39,  Bibel 2000

Vor einigen Jahren fragte der Bischof bei einem Firmbesuch: „Gibt es in eurer Gemeinde eigentlich ein ‚Biotop des Glaubens‘?“ Die Frage habe ich zunächst nicht verstanden. Er erläuterte dann: „Könnt ihr einen nach dem Glauben suchenden Menschen zu einer Gruppe in eurer Gemeinde schicken, um den Glauben kennenzulernen, zu verstehen und zu leben?“ Ich war sehr irritiert und konnte auch bei längerem Nachdenken keine Gruppe nennen, zu der ich einen so Suchenden schicken könnte. Das hat mich doch sehr nachdenklich gemacht: eine solche Frage nicht mit „Kommt, dann werdet ihr es sehen!“ beantworten zu können.

Und in den letzten Jahren wird mir das Versäumnis immer deutlicher: Wir bauen unsere Gemeinden um in immer größere Einheiten. Das ist gewiss notwendig. Doch bauen wir auch Orte auf, die – wie der Bischof es fragte – ‚Biotope des Glaubens‘ werden könnten? Ich bleibe fragend und zweifelnd zurück. Ich habe noch immer keine Antwort gefunden, die mich einerseits vor unechter Frömmelei bewahrt und andererseits doch für Fragende und Suchende so anziehend werden könnte, dass sie sich gerne darin aufhalten, leben und lernen möchten. Wer kennt solche Orte in Gemeinden oder ist dabei, sie zu gestalten?

Pastor Klaus Warning