Der kleine Gott geht schlafen
Jetzt am Samstag holt die Landjugend hier bei uns die Weihnachtsbäume ab. Willkommener Anlass, den Baum abzuschmücken, die Weihnachtsdeko im ganzen Haus einzusammeln (die Tannenzweige nadeln eh schon bedenklich!), die Krippe einzupacken und alles wieder ordentlich in dem großen Pappkarton zu verstauen, der dann im Keller auf seinen nächsten Einsatz im November warten wird.
Als ich die Krippenfiguren in die Hand nehme, um sie einzuwickeln, fällt mir eine Geschichte ein, die ein Freund erzählt hat: Sein Enkel Jonas, 3 ½ Jahre alt, war bei ihnen zu Besuch und durfte auch mit der „Kinderkrippe“ spielen, die es seit über dreißig Jahren in der Familie gibt und schon bei der letzten Generation eifrig in Gebrauch war. Gegen Abend kam seine Mutter, um ihn abzuholen, und zum Abschied haben sie dann auch das Licht in der Krippe ausgemacht. Jonas ging dann aber doch noch einmal hin, und als er zurückkam, sagte er: „Ich hab alle schlafen gelegt – auch den kleinen Gott“!
Über die Autorin
Andrea Schwarz ist Schriftstellerin, war lange Jahre pastorale Mitarbeiterin im Bistum Osnabrück und lebt im Emsland. Sie ist eine genaue und sensible Beobachterin ihrer Umwelt und der Menschen, denen sie begegnet. In ihren Texten versucht sie, Gott mitten im Alltag zu entdecken und Lust aufs Leben zu machen – nun erstmals auch in Form von Blogbeiträgen!
Ja, wenn man das Licht in der Krippe ausmacht, darf der kleine Gott, das Jesuskind, schlafen. Nachdenklich schaue ich die kleine Jesus-Figur unserer Krippe an. Ihre Zeit ist auf wenige Tage und Wochen im Jahr begrenzt. Ab jetzt haben wir es wieder mit dem „erwachsenen Jesus“ zu tun. Und das ist vielleicht auch ganz gut so. Der „holde Knabe im lockigen Haar“ kann schon dazu verführen, das alles ganz nett und rührselig zu finden, denn von Neugeborenen geht ja auch ein ganz eigener Zauber aus. Aber Jesus will aufrütteln, zum Leben anstiften. Und das kann durchaus anstößig, provozierend und alles andere als harmlos sein! Entsprechend wird er dann auch am Kreuz – anscheinend – enden.
Anstößig – zugegeben, das waren die Umstände der Geburt Jesu auch. Aber ob wir das vor lauter „Familienidylle“ immer so wahrnehmen?
Der kleine Gott geht schlafen … vielleicht macht das sogar Sinn. Damit der große und andere Gott kommen kann …
Und ein wenig gedankenverloren und behutsam wickle ich das Jesuskind aus unserer Krippe in ein weiches Tuch und lege es in den Karton. Aber ich bin mir ganz sicher, in 11 ½ Monaten wird dann auch der kleine Gott wieder da sein … getreu dem Lied „Alle Jahre wieder …“.