Leben braucht Verzicht
Viele Menschen begleiteten ihn; da wandte er sich an sie und sagte: Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein. Wer nicht sein Kreuz trägt und hinter mir hergeht, der kann nicht mein Jünger sein. Denn wenn einer von euch einen Turm bauen will, setzt er sich dann nicht zuerst hin und berechnet die Kosten, ob seine Mittel für das ganze Vorhaben ausreichen? Sonst könnte es geschehen, dass er das Fundament gelegt hat, dann aber den Bau nicht fertigstellen kann. Und alle, die es sehen, würden ihn verspotten und sagen: Der da hat einen Bau begonnen und konnte ihn nicht zu Ende führen. Oder wenn ein König gegen einen anderen in den Krieg zieht, setzt er sich dann nicht zuerst hin und überlegt, ob er sich mit seinen zehntausend Mann dem entgegenstellen kann, der mit zwanzigtausend gegen ihn anrückt? Kann er es nicht, dann schickt er eine Gesandtschaft, solange der andere noch weit weg ist, und bittet um Frieden. Ebenso kann keiner von euch mein Jünger sein, wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet.
Lukas 14,25-33
„Für Eltern ist das Leben nicht vorbei. Es geht nur ohne sie weiter.“ – Als ich vor Jahren diesen Spruch auf einer Postkarte las, musste ich herzlich lachen. Heute, selbst junger Familienvater, kann ich zwar immer noch darüber lachen, heute ist es aber eher eine Art Galgenhumor. Mit den Kindern musste ich viel aufgeben, was mir vorher im Leben wichtig war: lange Schlafen, in Ruhe essen, ein Gespräch mit meiner Frau auch mal zu Ende führen, spontan abends los gehen oder der unkomplizierte Wochenendtrip nach Berlin.
Keine Frage: Meine Kinder sind das größte Glück, was mir in meinem Leben passiert ist – natürlich neben meiner Frau. Und die Zeit mit ihnen genieße ich so sehr. Aber dieses Lebensgeschenk ist nur möglich durch Verzicht auf die Dinge, die mit einem Leben mit Kindern nicht vereinbar sind.
Ich „befürchte“, so ist es mit allen wesentlichen Dingen im Leben: ohne Einschränkungen, ohne Verzicht sind sie nicht zu haben. Liebe und Partnerschaft, Schul- oder Berufsabschlüsse, Erfolg im Beruf, ein gesunder Körper, Klimagerechtigkeit, … Wesentliche Lebensdinge, Weiterentwicklung und Veränderungen im Leben brauchen eine bewusste Entscheidung, konsequentes Handeln und das Loslassen von Dingen, die dem entgegenstehen.
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Das gilt auch für ein christliches Leben, für die Nachfolge Jesu. Das macht Jesus in diesem Evangelium mehr als deutlich. Zugegeben: Die Beispiele, die Jesus nennt, sind eine Zumutung. Er macht klar: Nachfolge ist kein Spaziergang auf dem Ponyhof. Nachfolge erfordert konsequentes Handeln, erfordert Umkehr und Verzicht. Wer Jesus nachfolgen will, muss bereit sein, seine eigene Komfortzone zu verlassen.
Was Jesus an dieser Stelle nicht deutlich macht, ist das, was diejenigen gewinnen, die sich auf seine Nachfolge einlassen. Gott sei Dank wird er dafür an vielen anderen Stellen umso deutlicher:
Für Christen ist das Leben eben nicht vorbei. Es geht auch nicht ohne sie weiter. Sondern der Weg der Nachfolge führt zu mehr Lebendigkeit, zu mehr Leben – und zwar bis in Ewigkeit.
Bernd Overhoff