Ohne Sonntag gibt’s nur Werktage
Sonntag
Der Blumenladen am Muttertag, das gemütliche Café in der Fußgängerzone, die Tankstelle, das Krankenhaus – sie alle haben am Sonntag geöffnet. In Deutschland müssen fast 20 Prozent der abhängig Beschäftigten an Sonn- und Feiertagen arbeiten. Bei der Feuerwehr und im Gesundheitswesen, im Gastgewerbe, im öffentlichen Verkehr, in Kultur, Sport und Unterhaltung und auch bei der Kirche. Trotzdem betonen die katholische und evangelische Kirche in Deutschland immer wieder den Sonntagsschutz. Sie danken allen, die an diesem Tag arbeiten, damit die Menschen sich wohl und sicher fühlen können, setzen sich aber dafür ein, dass ihre Tätigkeiten Ausnahmen bleiben und Arbeit am Sonntag nicht zur Regel wird.
Unter dem Titel „Mein Sonntag – was schert mich deiner?“ haben das Ludwig-Windthorst-Haus in Lingen und der Katholikenrat im Bistum Osnabrück zu einem Diskussionsabend um Sonntagsschutz und Ladenöffnung eingeladen. Den Impulsvortrag hielt Joachim Wiemeyer. Er stammt aus Osnabrück und ist Professor für Christliche Gesellschaftslehre an der Ruhr- Universität in Bochum. „Aus meiner Sicht gibt es zwei Bereiche, in denen nicht zwangsläufig am Sonntag gearbeitet werden müsste“, sagt Wiemeyer. „Da ist zum einen alles, was mit Erholung und Freizeit zu tun hat, die Gaststätte, der Vergnügungspark, das Theater oder das Sportstadion. Aber darauf haben wir uns verständigt. Der andere Bereich sind Produktionsanlagen, die sich schwer oder gar nicht unterbrechen lassen. Als Argument wird die internationale Konkurrenz angeführt. Dass hier sonntags gearbeitet wird, ist überhaupt erst seit 1994 erlaubt.“
Gute Gründe für den arbeitsfreien Sonntag
Die Sonntagsruhe ist heute gesetzlich geschützt – und doch ist sie zunehmend gefährdet. Dabei gibt es gute Gründe für den arbeitsfreien Sonntag: Der Sonntag ist Ruhetag und Gott selbst hat es vorgemacht. Er hat am siebten Tag geruht, nachdem er alles geschaffen hatte. Der Mensch sollte den Sabbat (wörtlich „Ruhepause“) heiligen, indem er selbst an diesem Tag nichts tut. So steht es in den Zehn Geboten. Die ersten Christen waren Juden und heiligten deshalb zunächst den Sabbat, also den Samstag. Schließlich wurde der folgende Tag, der Sonntag, zum wichtigsten Tag der christlichen Woche. Nach dem Zeugnis der Evangelien galt er als Tag der Auferstehung Jesu.
Der Sonntag gibt der Woche den Takt an, er gibt den Rhythmus vor, ohne den das Leben chaotisch wäre. Der Sonntag stellt den Menschen in den Mittelpunkt, er ist ein Tag, um Kraft zu tanken und auch der Tag für die Familie.
Menschen leben nicht nur von der Arbeit. Sie brauchen auch Zeit zum Feiern. Christen tun dies an jedem Sonntag. Dann feiern sie gemeinsam Gottesdienst, erinnern sich an die Auferstehung Jesu und hören auf Gottes Wort.
„Wir haben am Sonntag die Chance, einen Tag so zu gestalten, wie wir möchten“, sagt Agnes Holterhues, Vorsitzende des Katholikenrates im Bistum Osnabrück. Sie beschreibt diesen Tag als kulturelle Errungenschaft mit biblischem wie auch politisch gesellschaftlichem Ursprung. „Im Arbeitsleben müssen Muße, Ruhe und Kontemplation ihre feste Zeit haben. Die Menschen haben einen Anspruch auf diese Erholungsphase“, betont Holterhues.
Und wie verbringt sie ganz persönlich ihren Sonntag? „Der Sonntag ist für mich ein Tag der Ruhe und der Familie – mit Besuch oder langen Telefonaten“, sagt Holterhues. „Meist ist auch Gelegenheit, sich mit netten Dingen zu befassen, zu denen ich in der Woche nicht komme: gemeinsame Fahrradtouren mit meinem Mann, ausgedehnte Mahlzeiten, den Garten genießen, lesen und den Gottesdienst besuchen. Dennoch muss ich mich manchmal auch zwingen, den Sonntag nicht für liegengebliebene Arbeiten wie Buchführung oder auch ehrenamtliche Vorbereitungen zu missbrauchen.“