Träger Gottes Geistes

Eine Frau überblickt den Sonnenaufgang über den Wolken.
Bild: unsplash.com, Kristen Sturdivant

Als die Zeit herankam, in der er in den Himmel aufgenommen werden sollte, entschloss sich Jesus, nach Jerusalem zu gehen. Und er schickte Boten vor sich her. Diese kamen in ein samaritisches Dorf und wollten eine Unterkunft für ihn besorgen. Aber man nahm ihn nicht auf, weil er auf dem Weg nach Jerusalem war. Als die Jünger Jakobus und Johannes das sahen, sagten sie: Herr, sollen wir befehlen, dass Feuer vom Himmel fällt und sie vernichtet? Da wandte er sich um und wies sie zurecht: „Ihr wisst nicht, welches Geistes ihr seid!“* Und sie gingen zusammen in ein anderes Dorf.

Lukas Evangelium 9,51-56, Neue Einheitsübersetzung

 

„Da sieht man, wes Geistes Kind er ist!“ Diese sprichwörtliche Redeweise, die wir heute zumeist abwertend gebrauchen, geht zurück auf Jesus Wort aus dem Lukasevangelium. „Ihr wisst nicht, welches Geistes ihr seid!“ So herrscht Jesus seine Jünger im Lukas Evangelium an. Gerade erst waren sie auf dem Weg nach Jerusalem in einem Dorf der Samariter unfreundlich empfangen worden. Das verwundert nicht, waren Samariter und Juden doch verfeindet. Aber die Jünger wollen Gottes Rache auf die unfreundlichen Samariter herabrufen, auf das ihr Dorf in Schutt und Asche zusammenfalle. Doch Jesus durchbricht die Spirale von Hass und Gewalt: „Ihr wisst nicht, welches Geistes ihr seid!“

Ein Wort, das auf positive Weise deutlich macht, wofür der Geist Gottes steht. Nicht für Gewalt, Rache und Feindschaft, sondern für Frieden, Dialog und Verständigung. Jesus legt sein Veto ein gegen die Mechanismen dieser Welt. Er will den Ungeist von Hass und Gewalt, Eitelkeit und Herrschsucht, von Fremdenfeindlichkeit und Vergeltung aufbrechen, der die Welt beherrscht. Die Auseinandersetzungen anlässlich des 70. Jahrestages der Staatsgründung Israels geben ein trauriges Zeugnis davon. Ebenso der wieder wachsende Antisemitismus in Deutschland und Europa.

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„Ihr wisst nicht, welches Geistes ihr seid!“ Die Jünger werden das Wort am Ende des Weges nach Jerusalem verstehen und sie werden selbst Träger dieses neuen Geistes sein, die Frohe Botschaft der Liebe und des Friedens verkünden. Sie werden Gemeinschaften gründen, die aus dem Geist Gottes leben und den Geist Gottes in die Welt tragen. Sie werden ihr Veto einlegen, wo die Würde des Menschen mit Füßen getreten wird; sie werden in Kauf nehmen, Wege zu gehen, die sie angreifbar machen; sie werden in der Welt bezeugen, wes Geistes Kind sie sind.

Gerrit Schulte, Diakon

*Das Jesus Wort entstammt verschiedenen alten Handschriften zum Neuen Testament und wäre daher den vorliegenden Ausgaben hinzuzufügen. (vgl. EKK. III/2. Seite 25ff)