Wer hat an der Uhr gedreht?
Familienleben kann sehr stressig sein – nichts Neues vor allem für Mütter und Väter. Der Große braucht Hilfe bei den Hausaufgaben, das Mittagessen muss gekocht und das Bad geputzt werden, dann noch einkaufen und mit der Kleinen zum Kinderarzt.
Meistens geschehen dann noch Dinge, mit denen man nicht gerechnet hat. Da lassen sich Hektik und Stress nicht immer vermeiden. Doch auch wenn der Tag nur 24 Stunden hat – irgendwie muss es doch möglich sein, ihn zu entschleunigen …
Tschüss Perfektion
Vielleicht mit Humor: Wer das Leben nicht so schwer nimmt, kann Zeit sparen. Der Nachwuchs trägt seine Strumpfhose heute verkehrt herum, der Kakao ist versehentlich auf dem T-Shirt gelandet – egal. Wer Dinge wie diese mit Humor betrachtet, statt zu schimpfen, kann sich bestimmt schneller auf den Weg machen. Der Garten der Nachbarin ist perfekt gepflegt. Die Arbeitskollegin geht jeden Tag ins Fitness-Studio. Na und? Häufig setzen sich Menschen unter Druck und begeben sich in Zwänge, die die Gesellschaft vorzugeben scheint. Das muss nicht sein! Sagen Sie einfach: Tschüss Perfektion.
Vielleicht klappt die Entschleunigung auch mit festen Abläufen besser: In der Familie ist Routine Gold wert. Wer Routine schafft – und sich daran hält – kann Zeit sparen und Diskussionen vermeiden. Im hektischen Alltag laufen viele Dinge parallel. Auf dem Schreibtisch liegen die Unterlagen für die morgige Präsentation, zu Hause warten die Fenster darauf, geputzt zu werden. Jetzt ist es wichtig, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und die Dinge der Reihe nach abzuarbeiten. Nur wer sich auf eine Sache konzentriert und nicht immer schon den nächsten Termin, das nächste Problem, die nächste Aufgabe im Blick hat, kann den Alltag mit der nötigen Portion Gelassenheit meistern.
Vielleicht hilft auch: Ordnung. Die elendige Suche nach dem Schlüssel – wer kennt das nicht? Wo ist er nur? Gerade hatte ich ihn doch noch … Im Alltag verbringen wir viel Zeit mit Suchen: ob nach dem Schlüssel, nach wichtigen Unterlagen oder nach der Lieblingshose. Wenn alles seine Ordnung hat, hat Chaos wenig Chance.
Prioritäten für Entschleunigung
Birgit Westermann ist Leiterin der Psychologischen Beratungsstelle des Bistums für Eltern, Kinder und Jugendliche in Osnabrück. Aus ihrer täglichen Arbeit kennt sie die Gründe für Stress und Hektik in der Familie: „Früher waren die Mütter der Kontinuitätsfaktor in Familien. Heute sind viele – meistens notwendigerweise – berufstätig. Das verkompliziert den Familienalltag erheblich. Außerdem steht die Solidarität für eine Gemeinschaft, sprich Familie, nicht mehr an erster Stelle des Wertekatalogs. Sie wird oft als Zumutung empfunden, weil andere Menschen ihre eigenen Interessen und ihr Wohlbefinden in den Vordergrund stellen können.“
Müttern und Vätern, die den Alltag „entschleunigen“ wollen, rät sie, rechtzeitig Prioritäten zu setzen. „Eltern müssen sich klar machen, dass diese Zeit mit ihren Kindern unwiederbringlich ist.“ Deshalb sei es wichtig, dieses „kostbare Gut“ sinnvoll zu nutzen und sich in Ruhe den Kindern zu widmen. „Das ist eine bewusste Entscheidung“, betont Westermann, „dafür muss ich anderes zurück stellen.“ Die Psychologin rät aber auch zu persönlichen Auszeiten. „Ich bin mir selbst etwas wert und darf mich nicht total vergessen“, sagt sie. „Wer sich Zeit für sich nimmt, kann anschließend mit neuer Kraft starten.“
Wer Lust hat, dem Alltag zu entfliehen und sich eine Zeit lang ausschließlich auf seine Familie zu konzentrieren, für den bietet das Bistum Osnabrück im Terminkalender ein umfangreiches Freizeit- und Bildungsprogramm an. Ob Pampersturnen, Picknick oder Snoezelen: die Möglichkeiten sind vielfältig. Und das für alle – von Alleinerziehenden über die klassische Vater-Mutter-Kind-Kombination bis hin zu bunten Patchworkfamilien.