100 Jahre Glaube im Radio

Radio
Bild: unsplash.com, Israa Ali

Im Jahr 2024 feiern die katholische und evangelische Kirche 100 Jahre Radioverkündigung. Auf dem Gebiet des Bistums Osnabrück gibt es viele unterschiedliche Sendungen im Radio: Regelmäßig werden Gottesdienste aus Kirchen im Bistum übertragen, außerdem mehrere hundert Andachten und Beiträge pro Jahr, zum Beispiel im NDR, bei Radio Bremen, radio ffn, Antenne Niedersachsen, Radio 21 und im Deutschlandfunk.

Die kürzesten Beiträge dauern nur eine knappe Minute, die längsten sind viereinhalb Minuten lang; manche sind mit Musik hinterlegt, andere auf Plattdeutsch. Inhaltlich sind Verkündigungssendungen im Radio so bunt wie das Team, das sie produziert, erläutert Ruth Beerbom, Redakteurin im katholischen Rundfunkreferat für den NDR. Da geht es mal ums Aufräumen, mal um Karneval, um Polarlichter, die richtige Atemtechnik oder um unerwartete Begegnungen im Zug …

Geschichte

Im Oktober 1923 gab es die erste Radiosendung in Deutschland; ein knappes Jahr später, im Juli 1924, war die die erste sonntägliche Morgenandacht zu hören. Bald gehörten kirchliche Wortbeiträge in unterschiedlicher Form – z.B. Vorträge, Musik, Lesungen oder Bibelrezitationen – zum festen Bestandteil des Radioprogramms. Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, nutzten sie Rundfunk für ihre Propaganda; 1938 wurden kirchliche Sendungen aus dem Programm verbannt. Nach 1945 räumten die Siegermächte der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland wieder Sendezeit ein, denn sie galten als wichtige Kraft für den Aufbau und den Zusammenhalt der jungen Bundesrepublik. Auch heute noch haben die großen Glaubensgemeinschaften in Deutschland Anspruch auf eine angemessene Sendezeit im privaten und öffentlichen Rundfunk.

Beerbom betreut viele der katholischen Sendungen, erstellt selbst Beiträge und koordiniert die Autorinnen und Autoren, die regelmäßig Impulse fürs Radio verfassen und aufnehmen. „Unser Team für die Andachten besteht aus rund 35 Leuten. Diese vielen Stimmen spiegeln die vielen unterschiedlichen Zugänge zu Gott, an die die Hörerinnen und Hörer anknüpfen können“, sagt sie. Das sei wichtig, denn: „Das Besondere bei dieser Form der Verkündigung ist ja die Zielgruppe: Wir sprechen da auch zu vielen Fernstehenden, zu Menschen, die mit religiösen Traditionen nicht mehr vertraut sind, zu Menschen anderer Konfessionen und Religionen und auch zu Menschen, die Glaube und Religion ablehnen.“ Das Spannende dabei sei, dass Radioverkündigung die Menschen mitten im Alltag erreiche, am Frühstückstisch, im Auto, beim Zähneputzen, also in oft sehr persönlichen Situationen, aber ohne ihnen zu nahe zu kommen. „Wer mag, kann sich berühren lassen – wer nicht, kann auf Distanz bleiben.“

Impulse zum Weiterdenken

Christof Haverkamp ist der katholische Sendebeauftragte für Radio Bremen. Für ihn ist Verkündigung ein Gesprächsangebot: „Radioandachten versuchen, das Gespräch über Glauben und Gott in Gang zu halten. Wir informieren über den christlichen Glauben, über Religion und Kirche, und geben einen Impuls zum Weiterdenken.“ Besonders gut funktioniere das, wenn es um die existentiellen Dinge des Lebens gehe, die jede und jeden beschäftigen: „Ich finde es wichtig, dass in den Radioandachten ein Bezug zu Gott vorkommt, denn das ist der Grund, warum wir Sendezeit bekommen. Da soll es nicht um irgendwas gehen, sondern um die großen Dinge: Glaube, Zweifel, Liebe, Schuld. Wir sollten Trost und Hoffnung verbreiten, Gottvertrauen gerade in schwierigen Zeiten.“

Demnächst auf Sendung

  • Alexander Rolfes, Leiter des Referates Glaubenskommunikation im Bistum Osnabrück: „Morgenandachten“ im Programm „Bremen Zwei“ von Radio Bremen vom 3.-6. April (Mo-Fr 5.50 Uhr, Sa 6.50 Uhr, So ca. 10.20 Uhr)
  • Andrea Grote, Gemeindereferentin in St. Raphael Bremen: „Morgenandachten“ im Programm „Bremen Zwei“ von Radio Bremen vom 21.-27. April (Mo-Fr 5.50 Uhr, Sa 6.50 Uhr, So ca. 10.20 Uhr)
  • Dorothee Michels-Uroic, Pastoralreferentin in St. Franziskus Bremen: „Auf ein Wort“ im Programm „Bremen Eins“ von Radio Bremen am 21. und 28. April (So 7.40 Uhr)
  • Sibylle Hartong, Klinikseelsorgerin in Osnabrück: NDR 1 Niedersachsen „Nachtgedanken“ vom 29.4.-5.5. (Mo-Fr + So ca. 20.50 Uhr, Sa ca. 16.50 Uhr)
  • Katharina Engelen, Leiterin des Kirchenschiffs in Nordhorn: NDR 1 Niedersachsen „Zwischentöne“ vom 21.-24. Mai (ca. 9.45 Uhr)
  • Rundfunkgottesdienst aus der Kleinen Kirche in Osnabrück am 26. Mai ab 10 Uhr, im Deutschlandfunk

Mut und Zuversicht zu vermitteln, das ist auch Ruth Beerbom ein Anliegen – für sie heißt Verkündigung im Radio, ein Zeugnis zu geben vom eigenen Glauben, Sehnsucht zu teilen und Hoffnung zu entfachen. Dass das gelingt, merkt sie zum Beispiel an den Reaktionen von Hörerinnen und Hörern, die sie per E-Mail erreichen: „Vielen Dank für die wunderbare Andacht heute Morgen – ich hatte das Gefühl, das war meine Geschichte“ oder „Ein sehr schönes Stück zum Nachdenken, zum Weitergeben. Und das, obwohl ich nicht dem christlichen Glauben angehöre“.

Eine große Gemeinde

Positive Reaktionen von Hörerinnen und Hörern erhofft sich auch Kaplan Markus Hartlage. Er leitet am Ostersonntag den nächsten Radiogottesdienst im Bistum – im Birgittenkloster Bremen, der am 31. März ab 10 Uhr im Programm „Bremen Zwei“ von Radio Bremen gesendet wird. „Ich freue mich schon sehr auf diesen Gottesdienst“, sagt er. Und das nicht nur, weil er ihn in seiner Heimatstadt Bremen feiern darf. „So ein Rundfunk-Gottesdienst, bei dem man mehrere 10.000 Menschen erreicht, das ist schon etwas Besonderes – das schafft man ja mit einem normalen Gottesdienst nicht.“ Auch wenn er persönlich es wichtig findet, sich in der Kirche zum Gottesdienstfeiern zu treffen, schätzt er die Gottesdienste im Radio als ergänzendes Angebot für Menschen, die nicht mehr in die Kirche kommen können oder wollen. Dafür bereitet er sich auch gerne besonders vor: „Beim Rundfunkgottesdienst muss ich sehr darauf achten, in der vorgegebenen Zeit zu bleiben – aber die Vorbereitung darauf ist auch immer wieder eine gute Übung für mich, bei der Predigt auf den Punkt zu kommen.“

Weitere Infos

Christof Haverkamp kümmert sich im Vorfeld des Gottesdienstes um den sekundengenauen Ablaufplan: „Bei normalen Gottesdiensten gibt es Zeiten der Stille – im Radio darf das nicht sein, sonst denken die Hörerinnen und Hörer an eine Tonstörung“, erläutert er. Bibellesung, Predigt und Musikstücke müssten genau geplant sein und auch die Gemeinde vor Ort werde natürlich einbezogen. „Wir üben die Musikstücke vorab, damit der Gemeindegesang im Radio auch laut und deutlich ist“, erzählt Hartlage. „Wenn die Leute vorm Radio dann auch noch mitsingen, dann sind wir durchs Radio verbunden – als eine große Gemeinde.“