18. Dezember 2020

Ein alter Mann spricht mit einem kleinen Mädchen
Padre Melo setzt sich in Honduras für die Menschen ein, fordert Gerechtigkeit und die Einhaltung der Menschenrechte. Bild: Adveniat, Jürgen Escher

Den Armen und Benachteiligten gibt er eine Stimme und unterstützt sie im Kampf um ihre Rechte. Padre Ismael Moreno Coto ist Priester, Journalist und ein lauter Kritiker der Regierung.

„Hunderte Kleinbauernfamilien leiden an Mangelernährung, Hunger, Migration, Krankheiten, Arbeitslosigkeit. Viele haben keinen Zugang zu Wasser oder Land, auf dem sie etwas anbauen können“, berichtet Padre Ismael Moreno Coto, der überall als Padre Melo bekannt ist. Seit 40 Jahren setzt sich der Jesuit in Honduras für Gerechtigkeit und die Einhaltung der Menschenrechte ein. Wichtig ist ihm dabei, die Menschen zu informieren, zu stärken und zu mobilisieren.

Padre Melo ist eigentlich schüchtern und spricht mit einer leisen, tiefen Stimme. Doch wenn er ans Mikrofon tritt, wird aus ihm ein energischer Mann, der deutliche Worte findet. Sein Vorbild ist der Jesuitenpater Rutilio Grande aus El Salvador, der 1977 ermordet wurde, weil er sich für die Verbesserung der Lebensverhältnisse von Landarbeitern und Kleinbauern einsetzte. Soziales und politisches Engagement sind bei Padre Melo eng mit seinem tiefen Glauben verbunden: „In den Armen erkenne ich Gott.“

Bei den in Honduras ständig an- und abschwellenden Protesten gegen die Regierung steht der 71-Jährige in der ersten Reihe. Padre Melo ist Direktor der Stiftung ERIC (Equipo de Reflexión, Investigación y Comunicación), einer jesuitischen NGO mit dem Schwerpunkt auf gesellschaftspolitischen Analysen, und er ist Leiter von Radio Progreso, einem der letzten unabhängigen Medien des Landes. „Meinungsfreiheit in einem Land auszuüben, das wie eine Diktatur regiert wird, ist eine tägliche Herausforderung“, sagt Padre Melo und betont immer wieder, wie eng Politik und Wirtschaft in Honduras mit der Drogenkriminalität verstrickt seien. Für seinen Einsatz wurde er im Ausland vielfach ausgezeichnet, im Inland wird er bedroht, verfolgt und angegriffen. „Aber die Freude und Dankbarkeit der Menschen wiegen schwerer als die Risiken. Ich bin davon überzeugt, dass die Zukunft besser wird. Mein Glaube und die Märtyrer geben mir Hoffnung. Die Liebe der Landbevölkerung motiviert mich, weiterzumachen.“

Christina Weise