22. Dezember 2020

Zwei Frauen umarmen sich
Sie tritt ein für die Rechte der 60 Bauern und Fischern des Quilombos Caraíbas: Schwester Neusa do Nascimento. Bild: Adveniat

„Schwester Neusa ist unser Engel“

Die Fischerpastoral verteidigt die Menschen am Rio São Francisco gegen Viehzüchter, die ihnen ihr Land streitig machen. Die Menschen sind überzeugt: Ohne Schwester Neusa do Nascimento wären sie längst vertrieben.

Schwester Neusa do Nascimento steht vor rund 60 Bauern und Fischern des Quilombos Caraíbas und feiert mit ihnen Gottesdienst. Viele der rund 35 Familien in dieser Siedlung sind Nachkommen ehemaliger Sklaven. Sie leben schon in der fünften Generation hier und ernähren sich vom Fischfang und der Landwirtschaft. Doch ihr Leben und ihr Quilombo sind bedroht. Mächtige Viehzüchter haben es hier im brasilianischen Bundesstaats Minas Gerais auf das Land der Quilombolas abgesehen. Und mit großer Wahrscheinlichkeit hätten sie es sich auch längst angeeignet, wären da nicht Schwester Neusa und die vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützte Fischerpastoral.

Ein junger Mann erzählt, wie die Polizei ihn und seine Familie vor Kurzem drangsalierte: „Sie behaupteten, dass ich Waffen versteckt hätte. Sie wollten mich einschüchtern.“ Die anderen Bauern und Fischer klatschen. Als der Applaus verstummt ist, sagt Schwester Neusa: „Gott lässt niemanden fallen, der bei ihm Halt sucht.“

Eigentlich schützt Brasiliens Verfassung die Quilombos. Niemand darf den Bewohnern ihr Territorium streitig machen. Aber bis ein Quilombo vom Staat anerkannt und unter Schutz gestellt ist, vergehen Jahre. In dieser Zeit versuchen Großgrundbesitzer häufig, die Bewohner zu vertreiben – so auch in Caraíbas und dem benachbarten Croatá. Die Viehzüchter hatten das Land 1979 nach einem Hochwasser illegal besetzt und die Quilombolas brachten erst 2012 den Mut auf, zurückzukehren.

Seitdem steht die Fischereipastoral den Quilombolas mit Rat und Tat zur Seite. Schwester Neusa alarmiert etwa Menschenrechtsanwälte, wenn die Viehzüchter wieder versuchen, die Menschen einzuschüchtern. Sie geht zur Presse und macht den Kampf der Quilombos sichtbar. Am wichtigsten ist ihr, den Menschen klar zu machen, dass sie Rechte haben. „Ohne Schwester Neusa hätten wir niemals so lange durchgehalten“, sagt Enedina Souza aus Croatá. „Sie hat uns beigebracht, zu kämpfen. Sie ist unser Engel.“

Philipp Lichterbeck