3. Januar 2021
Johannes Evangelist – Segnet die,
die euch verfluchen (Lk 6,28)
Vom Segen berührt
verliert der vergiftete Wein
seine tödliche Wirkung
Johannes Evangelist – Figur der Osnabrücker Meister
Die überaus ausdrucksstarke Skulptur des Johannes Evangelist entstand in der Werkstatt der sogenannten Meister von Osnabrück, die zwischen 1510 und 1525 tätig waren und deren Niederlassung in Osnabrück vermutet wird. Einer von ihnen war der Snetlage-Meister. Diesem wird auch die Skulptur des Johannes Evangelist zugeschrieben. Sie sind aus dem leicht zu bearbeitenden Baumberger Sandstein gefertigt. Zahlreiche erhaltene Spuren der Farbfassung lassen erahnen, wie die Skulptur ursprünglich ausgesehen hat. Während die Darstellungsweise in sich geschlossen aufgebaut und wenig bewegt ist, zeigt das Antlitz des Johannes eine äußerst lebendige Mimik: Gedrehte Locken umfassen ein Gesicht mit leidvoll gehobenen und leicht zusammengezogenen Augenbrauen, gerunzelter Stirn und ernstem Mund.
Meister von Osnabrück
Leider können, aufgrund der lückenhaften Quellenlage, vielen Künstlern ihre Kunstwerke nicht mehr zugeordnet werden. Daher werden unter dem Begriff der Meister von Osnabrück zahlreiche Werke zusammengefasst, die zwar stilistisch verwandt sind, untereinander aber unterschieden werden können. Um die Künstler voneinander zu differenzieren, verlieh ihnen die kunsthistorische Forschung einzelne Notnamen: darunter den Snetlage-Meister, benannt nach dem von Domdechant Lambert von Snetlage gestifteten Kreuzaltar im Chorumgang des Osnabrücker Domes.
Zwei erhobene Finger der rechten Hand hält er über einen Kelch, den er – gebettet auf dem Stoff seines Gewandes – mit der linken Hand am Kelchfuß umgreift. Der Kelch verweist auf die Legende, wonach der Apostel lieber aus einem mit Gift gefüllten Kelch trank, als heidnischen Göttern zu opfern. Nach dem Schlagen eines Kreuzzeichens über den Kelch, soll das Gift in Gestalt einer Schlange entwichen sein. Auf der Insel Patmos soll Johannes die Offenbarung verfasst und das Evangelium geschrieben haben.
Jessica Löscher