Hilfe für Arbeitssuchende
Mit beiden Händen greift Sarah Link in den Gemüsekarton und holt Zwiebeln heraus. Knolle um Knolle müssen sie nach der Ernte sortiert und umgepackt werden: für den Wochenmarkt, für den Bioladen, für die Abokiste. Trotz der schwülen Treibhaustemperatur arbeitet die 25-Jährige schnell und sorgfältig, die nächste Lieferung wartet schon. Andreas Menger, Projektleiter im Sozialen Ökohof in Papenburg, beobachtet die junge Frau mit einem zufriedenen Lächeln.
„Ich bin unheimlich stolz auf sie. Sarah hat eine tolle Entwicklung gemacht. Irgendwann wird sie sicher auf dem normalen Arbeitsmarkt eine Stelle finden“, sagt er. Bis dahin bekommt sie Anleitung und Hilfe auf dem Ökohof. Denn bisher ist nicht immer alles glattgelaufen in ihrem Leben. Nach dem Hauptschulabschluss hat Sarah mehrfach versucht, Fuß zu fassen in einem Job. Hat als Hauswirtschaftshilfe, in einer Bäckerei, in einem Partyservice gearbeitet – mit manchmal schlechten Erfahrungen. Ganz ehrlich beantwortet die 25-Jährige die Frage nach dem Warum: „Es lag nicht nur an den Betrieben, ich hätte mich auch anders verhalten müssen.“ Denn da liegt eins ihrer Probleme: Mit Stress und großem Leistungsdruck konnte sie nicht gut umgehen. Hatte das Gefühl, keine Luft und keine Chance mehr zu kriegen. Fühlte sich alleingelassen, ohne Perspektive für die Zukunft.
Weitere Infos
- Arbeitssuchende werden im Bistum Osnabrück von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitslosenprojekte (AGAL) betreut. Alle Mitglieder der AGAL sind professionelle Einrichtungen zur Bildung, Weiterbildung, Qualifizierung und Beschäftigung im Bistum Osnabrück. Mit ihren Angeboten und Projekten bieten sie Menschen in unterschiedlichsten Lebenssituationen neue berufliche und persönliche Perspektiven. Mitglieder und Ansprechpartner der AGAL finden Sie hier!
- Und hier erfahren Sie mehr zum Arbeitgeber Kirche
Nachdenklich hört Andreas Menger ihr zu. Allzu oft schon hat er solche oder ähnliche Geschichten von den Männern und Frauen gehört, die auf dem Ökohof in Papenburg arbeiten – weil sie entweder sehr lange arbeitslos gewesen sind oder ein Handicap haben. Hier bauen sie Kartoffeln, Brotroggen und andere Getreidesorten an. Säen, pflanzen und ernten auf dem Freiland und in Gewächshäusern 32 Sorten Gemüse: Salat, Tomaten, Gurken, Paprika, Zucchini, Möhren, Radieschen. Bioläden in Norddeutschland und viele Wochenmärkte werden damit bestückt.
Der normale Arbeitsmarkt hat diesen Menschen bisher kaum eine Chance gegeben. Die sollen sie auf dem Ökohof bekommen. Dabei ist die Einrichtung keine „Spielwiese“, sagt Menger. „Unsere Leute werden nicht betütelt.“ Auch hier muss pünktlich, sorgfältig, hart und wirtschaftlich gearbeitet werden. Aber es gibt Begleitung, Gespräche und Hilfe – vor allem aber Geduld und Bestätigung. „Jeder kann etwas und jeder ist etwas wert“, daran glaubt Menger fest. Langfristig wünscht sich der Werkstattleiter für jeden seiner Mitarbeiter einen Platz in einem Betrieb außerhalb des Ökohofs.
Zurück in den Arbeitsmarkt
So hofft er auch zum Beispiel auch auf mehr Politiker, die sich um Menschen wie Sarah ehrlich bemühen, statt nur Zahlen und Statistiken im Kopf zu haben. Teilhabe am Erwerbsleben gehört für Menger zur Würde jedes Menschen dazu: Das gilt für Langzeitarbeitslose genauso wie für Asylsuchende, Migranten oder für Menschen mit Behinderungen. Das ist für ihn Integration und Inklusion. Deshalb ärgern sich Andreas Menger und seine Mitstreiter in der Arbeitsgemeinschaft Arbeitslosenprojekte im Bistum Osnabrück (siehe Kasten oben rechts) auch über eine Arbeitsmarktpolitik, die den Menschen nicht genügend Zeit in den Qualifizierungsmaßnahmen lässt. „Wer lange arbeitslos war, braucht mehr Zeit als sechs Monate, um wieder in den Arbeitsmarkt integriert zu werden“, sagt Menger deutlich, wünscht sich eine bessere Förderung dieser Menschen. Auch weil oft ein Haufen Probleme gleichzeitig zu lösen sind.
Bei Sarah Link ist der Werkstattleiter optimistisch. Immer besser lernt sie mit Stress umzugehen, weiß um ihre Defizite und wann sie „erst mal tief durchatmen muss. Ich habe lange gebraucht, bis ich akzeptieren konnte, dass ich Einschränkungen habe“, sagt sie. Menger setzt große Hoffnungen in sie: „Sarah ist mit ihrer Entwicklung noch nicht zu Ende.“