Auf der Suche nach Weihnachten

moderne Krippe
"Der Stern zeigt uns den Ausweg" – Darstellung der Heiligen Familie in der heutigen Realität der Stadt Bethlehem; Figuren auf einem Drahtgestellt, modelliert mit Holzmehl; farbig gefasst und bekleidet; Betonstelen und Kulissen; Marlene Moss; Kiel 2016 Bild: Heidi Herrmann

Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben.

Lukas 1,30-33

 

Diese Familie ist – um ein anderes Bild zu gebrauchen – zwischen alle Stühle geraten: Eine Kleinfamilie aus fremder Stadt, das Paar unverheiratet, die Frau hat gerade einen Sohn geboren. Unterwegs. Ablehnung allerorten. Sie gehören hier nicht hin. Sie gehören zurzeit nirgendwo hin. Doch was tun?

Durch den Spalt der Mauer aus Betonstelen, mit Stacheldraht bewehrt, um die Stadt errichtet, fliehen sie – hinaus oder hinein? Das bleibt hier die Frage. Denn in der Stadt sind sie nicht willkommen; außerhalb der Stadt fast vogelfrei, denn sie werden zur Bedrohung der Mächtigen.

Das war damals eine Erfahrung, vor über 2000 Jahren. Das wurde auch zur Erfahrung 2017.

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Immer mehr Staaten mauern sich ein. Auch die Kirche kann nicht immer dieser Versuchung widerstehen. Selbst einige hochrangige Kardinäle unserer Kirche bezichtigen unseren Papst Franziskus der Häresie, weil er ihrer Meinung nach die Kirche zu weit öffnet. Besser wäre es ihrer Meinung nach, den Spalt wieder zu schließen, und Mauer und Stacheldraht wieder zu errichten. Bloß nichts und niemanden Unbequemes hineinlassen!

Das ist oft so: Das Neue, das Unbekannte, macht Angst. Und diese Angst machen sich viele – zu viele – zunutze. Leider.

Schon aus der Zeit der Heiligen Familie kennen wir diese Erfahrungen. Doch die Geschichte mit dem Neugeborenen ging anders weiter. Später. Das Kind wurde Mann, 30 Jahre alt. Und erzählte von seinen Visionen, seinem Glauben: Ihr seid nicht mehr Knechte, sondern Freunde. Habt keine Angst, denn euer himmlischer Vater sorgt für euch. Nicht einmal euer Tod ist das Ende, sondern der Beginn eines neuen Lebens. Durchbrecht die althergebrachten Gewohnheiten und wandelt euch zu neuen Menschen. Verändert euch und verändert die Welt!

Als die Heilige Familie nach Bethlehem kam, nahm sie Herberge in einem Stall; kurze Zeit später stellte Herodes den Kindern nach, weil er Angst vor einem „neuen König“ hatte. Die Heilige Familie floh nach Ägypten. Zurückgekehrt wurde der erwachsene Jesus den Mächtigen wieder lästig. Nichts aber auch gar nichts hat sich geändert. Unsere Welt ist aufgeklärter als vor 2000 Jahren, doch die Botschaft der Liebe hat nach wie vor nicht die Oberhand. Und trotzdem: Der Stern von Bethlehem kann uns noch heute leiten. Und das täte doch so gut!

So feiern wir erneut Weihnachten, 2017 genau so wie im Jahre Null: suchend nach Orten, wo Menschen sicher und menschlich leben können.

Frohe Weihnachten?!

Pastor Klaus Warning