Ausmisten und umschmeißen – einfach so?
Es wird wieder spät im Büro. Während ich schreibe, rupfe ich ein Stück von meinem provisorischen Abendessen aus der Bäckereitüte ab. Ja ich weiß, ist nicht gesund. Es ist eine Käseblätterteigschnecke. Als ich in der Mitte ankomme, in der sehr viel Käse sitzt und die dadurch besondes schlotzig-käsig schmeckt, habe ich plötzlich einen „Ach-ja-damals“-Erinnerungsmoment an die warmen Käseecken der Ursulaschul-Cafeteria. Die haben anfangs noch 50 Cent gekostet. Wie schön. Dabei habe ich meine Schulzeit im Allgemeinen nicht in so guter Erinnerung. Aber manches war eben gut, weil vertraut. Vieles davon hängt mit Gemeinschaftserlebnissen und -gefühlen zusammen.
So geht uns das auch mit Erinnerungen an das Gemeindeleben, das wir von früher kennen: Aus Kindheit, Ehrenamtszeit in der Jugend und ersten Berufsjahren. Darüber spreche ich heute in der Mittagspause mit Kolleginnen. Das große Thema: Wie soll/kann Gemeinde heute gelebt werden, was ist nun einmal anders als früher, was muss neu werden?
Wir hängen so in der Vergangenheit und wollen gleichzeitig wissen, wie die Zukunft zu planen ist. Wir sprechen über sinkende Gottesdienstbesuchszahlen, als sei das ein Phänomen, an dem wir ernsthaft noch etwas drehen könnten, indem wir Strukturen aufrechterhalten und uns einfach nur attraktiver machen – während wir Mitarbeitende selbst so viel zu tun haben, Familienzeit oder Abstand brauchen (alles zu Recht), dass die Sonntagsmesse schon zu unseren eigenen Prioritäten nicht mehr gehört.
Anstatt die Situation als gegeben zu nutzen, wollen wir irgendwas retten. So scheint es mir oft. Aber ich bin nicht die Retterin.
Jemand sagte mir: Diese Strukturen, dieses Gemeindeleben, das war immer meine Heimat und ich will das alles aufrechterhalten, aber ich merke immer mehr, dass das nicht geht. Jetzt weiß ich selbst nicht mehr, was ich will.
Über die Autorin
Katie Westphal ist Pastoralassistentin. Sie schreibt Texte über Lebens- und Alltagsfragen und ist immer auf der Suche nach der richtigen Hintergrundmusik. Außerdem erzählt sie gern davon, wie es ist, Christin und Feministin zu sein: Eine gute Kombination, wie sie findet.
Ich, Katie, will Veränderungen. Ich habe weniger Probleme damit. Vielleicht, weil ich Ausmisten mag. Oder, weil ich schon in mehreren Gemeinden beheimatet war. Oder in der Tourismusseelsorge gearbeitet habe und das Konzept von „Gemeinde auf Zeit“ kennenlernen durfte. Oder, weil es zum Berufsprofil der Feminist: innen gehört, ständig alles anders machen zu wollen.
Es gibt eine Karikatur von David Hayward bei Instagram (@nakedpastor), die Jesus zeigt, wie er die Tische der Händler im Tempel schwungvoll umwirft. „And now you just flip it like that“, steht da: Etwa, „Und jetzt musst du‘s einfach nur so um-schnipsen“… ja als sei das so simpel, Mensch, Jesus. Aber vielleicht ist es das am Ende ja wirklich?
Ich weiß es auch nicht.
Mir wurde ein Buch der City-Pastoral im Bistum Fulda empfohlen, in dem es ein wenig nüchtern heißt: „Wir sind nicht dafür da, dass es uns in 50 Jahren noch gibt. […] Wir sind als Kirche nicht dafür da, uns selbst zu erhalten. Sondern wir sind dafür da, dass Menschen in ihrem Glauben unterstützt werden“.*
Joa. Ist doch richtig. Und vielleicht macht Jesus ja schon vor, wie Umschmeißen auch mit Leichtigkeit funktionieren kann.