Auszeit als Wellness für die Seele

Kerze im Winter
Bild: unsplash.com, Anne Nygård

Exerzitien sind eine Gelegenheit, die Beziehung zu Gott zu vertiefen, eine geistliche Begleitung gehört oft dazu. Aber auch im Alltag kann man versuchen, immer wieder ins Gebet zu kommen, sagt Pastoralreferentin Eva Gutschner.

Als „Wellness für die Seele“ bezeichnet Eva Gutschner die Exerzitien, die sie vor kurzem gemacht hat. Vor ihrer Sendungsfeier zur Pastoralreferentin nahm die 29-Jährige zusammen mit den anderen Kolleginnen und Kollegen an Gruppenexerzitien im Kloster teil. In der Benediktinerinnenabtei Burg Dinklage konnten die Gäste über ihr Leben und ihre Beziehung zu Gott nachdenken und sich abgeschirmt vom Stress des Alltags auf christliche Spiritualität einlassen. Eva Gutschner ist als Pastoralreferentin in einer Gemeinde im Bistum Osnabrück tätig und außerdem Referentin für digitale Glaubenskommunikation im Bistum. Warum Exerzitien guttun, sie jeder und jede ausprobieren sollte und wie man Spiritualität in den Alltag bringt, erzählt Eva Gutschner hier:

Der Ort ist wichtig

Der Ort sei entscheidend, ob die Exerzitien gelingen können, meint Eva Gutschner. Dabei gehe es nicht darum, ob die Einkehrtage in einem alten Klosterbau mit dicken Mauern angeboten werden oder in einer einfachen, zweckmäßigen Pilgerherberge. Wichtig sei, dass man sich dort wohlfühlt, geborgen und sicher. Für Eva Gutschner ist es beispielsweise wichtig, dass sie ein eigenes Zimmer mit eigenem Bad hat. Sie habe einmal Exerzitien in einem Haus gemacht, wo man sein Zimmer nicht abschließen konnte und es Gemeinschaftsbäder gab. Dort habe sie nicht abschalten können: Es fehlte ein Ort, an den man sich ganz zurückziehen konnte.

Begleitung im Gespräch

Wichtig sei außerdem eine geistliche Begleitung – sei es durch die Ordensschwester des Gastklosters oder durch den Exerzitienbegleiter, den die Gruppe mitgebracht hat. Diese geschulten Personen stehen für ein tägliches Gespräch zur Verfügung. Das sei kein Seelsorgegespräch, betont Gutschner, vielmehr gehe es darum, zu reflektieren, was einem beim Aufenthalt durch den Kopf geht. Manche Exerzitienbegleiter geben einen Impuls mit in den Tag, über den man nachdenken könne. In einigen Häusern gibt es außerdem die Gelegenheit, kreativ zu arbeiten, oder es gibt Angebote wie Bibliolog-Treffen: „Da sprechen wir als Teilnehmer über einen Text aus der Bibel.“ Ob man das alles nutzt, sei freiwillig.

Der Tagesablauf

Eva Gutschner
Pastoralreferentin Eva Gutschner

Ziel von Exerzitien ist es, die Beziehung zu Gott im Gebet vertiefen zu können. Während des Aufenthalts erhält der Tag Struktur durch das Haus, in dem man zu Gast ist. In Klöstern sind dies oft die Gebetszeiten der Ordensleute. Wenn Eva Gutschner zu Exerzitien fährt, überlegt sie sich schon im Vorfeld, an welchen Gebetszeiten sie teilnehmen und wann sie die Messe mitfeiern will. Bevor sie Theologie in Münster studierte, hatte sie ein Lehramtsstudium für Mathe und katholische Religion begonnen. Ihre ersten Exerzitien verbrachte sie als junge Studentin mit Kommilitonen in Frankreich. Mit dem Bulli ging es nach Paris, dort, in einem schlichten Haus, in dem die Ordensgemeinschaft der kleinen Schwestern von Paris lebt, waren die jungen Leute untergebracht, nahmen unter dem Motto „ora et labora“ (bete und arbeite) am Tagesablauf der Schwestern teil und erhielten von ihrem geistlichen Begleiter Impulstexte und Aufgaben für Straßenexerzitien: das genaue Beobachten der Umgebung.

Das Schweigen

Nicht immer sind Exerzitien auch Schweigeexerzitien. Wenn sie aber als solche konzipiert wurden, ist es hilfreich, das einzuhalten. „Es geht nicht darum, dass man am Esstisch  niemanden um den Salzstreuer bitten darf“, sagt Gutschner. Wenn aber in der Gruppe Freundinnengemeinsam teilnehmen, die sich viel mitzuteilen haben, könne es notwendig sein, auf den Wunsch zu schweigen hinzuweisen. Es sei hilfreich, das Plappern einzustellen. „Ich bin sonst keine Schweigerin, aber da kann ich das“, sagt Gutschner. Das Schweigen helfe, abzuschalten, aus den gewohnten Bahnen herauszukommen, sich bewusst Gebetszeiten zu nehmen: „Ich muss mit niemandem reden, das ist auch Wellness für die Seele.“

Handy – ja oder nein?

Um Abstand vom Alltag zu gewinnen, sei es sinnvoll, die Handynutzung einzuschränken oder sogar aufs Handy zu verzichten. Das müsse aber letzten Endes jeder für sich selbst entscheiden und ein gesundes Maß finden. Für eine Mutter von Kindern sei es wichtig, abends per Handy Kontakt aufnehmen zu können, um zu wissen, dass zu Hause alles in Ordnung ist. Danach kann sie das Smartphone mit einem guten Gefühl wieder weglegen. Mit dem Handy den ganzen Tag Youtube-Videos anzuschauen, sei während der Exerzitien kontraproduktiv.

In den Alltag mitnehmen

Autorenzeile Kirchenbote

Eva Gutschner versucht, Exerzitienspiritualität im Alltag umzusetzen. In ihrer Wohnung hat sie sich eine Gebetsecke eingerichtet, hier steht ihr Gebetshocker und liegt ein Meditationskissen. Sie steht morgens eine halbe Stunde eher auf, nimmt einen frischen Kaffee mit und geht in ihre Gebetsecke. Sie zündet eine Kerze an und liest in der Bibel die Texte vom Tage. „Ich lese in der Schrift und lasse sie nachklingen.“ Oft streicht sie auch Textstellen an. Manchmal dauert das zehn Minuten, manchmal eine halbe Stunde, und oft bleibt ein Satz den ganzen Tag im Sinn. Diese Zeit ist ihr wichtig. „Wenn ich mit Jesus in den Tag starte, bin ich den ganzen Tag gelassener, ausbalancierter.“ Ein Ritual zu haben, sei wichtig. Wer morgens keine Zeit für eine halbe Stunde Ruhe habe, könne sich zum Beispiel abends kurz besinnen und fragen, wofür er heute dankbar ist. Oder mittags mit einem Tischgebet den Alltag kurz unterbrechen.