Fordernd beten

Bibelfenster zum 24. Oktober 2013:

Jesus sagte ihnen durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten: In einer Stadt lebte ein Richter, der Gott nicht fürchtete und auf keinen Menschen Rücksicht nahm. In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe, die immer wieder zu ihm kam und sagte: Verschaff mir Recht gegen meinen Feind! Lange wollte er nichts davon wissen. Dann aber sagte er sich: Ich fürchte zwar Gott nicht und nehme auch auf keinen Menschen Rücksicht; trotzdem will ich dieser Witwe zu ihrem Recht verhelfen, denn sie lässt mich nicht in Ruhe. Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht. Und der Herr fügte hinzu: Bedenkt, was der ungerechte Richter sagt. Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern zögern? Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen. Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde (noch) Glauben vorfinden?

Einheitsübersetzung, Lukas 18, 1-8

 

Wie beten wir? Meistens wohl eher in einer demütigen Haltung, fügsam, schmerzlich berührt, intensiv flehend.
Aber so wie die Witwe: mit erhobener Faust? Es mutet uns etwas fremd an, dass uns Jesus in dieser Witwe, die mit allen Mitteln ihr Recht bekommen will, ein Vorbild des Betens zeigt.
Jesus erzählt die Geschichte einer mutigen Frau. Sie ist an sich rechtlos, denn sie hat ihren Mann verloren, der ihre Rechte wahrnehmen könnte. Der Richter, der sich für die Witwe einsetzen müsste – denn dazu ist er ja da! – tut nichts; er rührt keinen Finger für die arme Frau. Sie aber weiß sich zu wehren. Sie kämpft und stürmt und drängt; sie droht und schimpft und schreit – kurz: sie lässt dem Richter keine Ruhe.

Das Bibelfenster

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Die aggressive Frau wird zum Gleichnis für alle, die sich im Gebet an Gott wenden und um ihr Recht bitten. Wir müssen uns nicht hinter gefalteten Händen, hinter demütigen Gebärden und hündischem Kriechen verstecken. Wir dürfen leidenschaftlich unsere Bitten vor Gott tragen. Die Bitte der Witwe ist gerecht, deswegen ist auch ihre Beharrlichkeit rechtens. So wie die Witwe, so sollen wir beten.

Pater Franz Richard, Haus Ohrbeck