Gerechter Lohn
Bibelfenster zum 22. September 2011:
Denn mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsbesitzer, der früh am Morgen sein Haus verließ, um Arbeiter für seinen Weinberg anzuwerben. Er einigte sich mit den Arbeitern auf einen Denar für den Tag und schickte sie in seinen Weinberg. Um die dritte Stunde ging er wieder auf den Markt und sah andere dastehen, die keine Arbeit hatten. Er sagte zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg! Ich werde euch geben, was recht ist. Und sie gingen. Um die sechste und um die neunte Stunde ging der Gutsherr wieder auf den Markt und machte es ebenso. Als er um die elfte Stunde noch einmal hinging, traf er wieder einige, die dort herumstanden. Er sagte zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig herum? Sie antworteten: Niemand hat uns angeworben. Da sagte er zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg! Als es nun Abend geworden war, sagte der Besitzer des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter, und zahl ihnen den Lohn aus, angefangen bei den letzten, bis hin zu den ersten. Da kamen die Männer, die er um die elfte Stunde angeworben hatte, und jeder erhielt einen Denar. Als dann die ersten an der Reihe waren, glaubten sie, mehr zu bekommen. Aber auch sie erhielten nur einen Denar. Da begannen sie, über den Gutsherrn zu murren, und sagten: Diese letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleichgestellt; wir aber haben den ganzen Tag über die Last der Arbeit und die Hitze ertragen. Da erwiderte er einem von ihnen: Mein Freund, dir geschieht kein Unrecht. Hast du nicht einen Denar mit mir vereinbart? Nimm dein Geld und geh! Ich will dem letzten ebenso viel geben wie dir. Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder bist du neidisch, weil ich zu anderen gütig bin? So werden die Letzten die Ersten sein.
Einheitsübersetzung, Matthäus 20, 1-16a
Was haben die Arbeiter der letzten Stunde wohl bis zum Arbeitsbeginn getan? Sie haben herumgestanden, sie haben geredet oder auch geschwiegen. Vielleicht haben sie etwas getrunken in der Hitze, sind entsprechend angepöbelt worden von Vorübergehenden, weil sie zu faul seien zu arbeiten…
Auf jeden Fall haben sie gewartet. Und sie haben Angst gehabt. Von Stunde zu Stunde mehr Angst: ob sie abends wieder ohne den geringsten Lohn nach Hause kämen, ohne eine Schnitte Brot für Frau und Kinder. Angst um das nackte Überleben für sich und ihre Familie.
So war der Alltag der Tagelöhner. Heute würde man sagen: Sie lebten von der Hand in den Mund, vom Lohn eines Tages. Wenn sie am Abend genug Geld mitbrachten, konnte sich die Familie auf den nächsten Tag freuen. Wenn nicht …
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Deshalb galt es in der Bibel immer als schwere Schuld vor Gott, wenn ein Arbeitgeber dem Tagelöhner seinen Lohn nicht am Abend auszahlte. Der Gutsherr im Gleichnis Jesu – der für Gott, den Vater steht – weiß um die Not der Tagelöhner. Deshalb macht er sich ja die Mühe und geht bis zur letzt möglichn Arbeitsstunde auf den Markt . Er will gerade den Ärmsten Arbeit vermitteln, denen, die der Verzweiflung näher waren als dem Leben.
Als es zur Entlohnung kommt, haben die Kollegen dafür keinen Blick. Sie wollen Gerechtigkeit nach menschlichem Maß: Wer mehr arbeitet soll auch mehr verdienen. Gottes Gerechtigkeit misst sich am Erbarmen, an Güte, an der Zuwendung zu den Ärmsten der Armen. Und dabei bleibt er noch vertragstreu!
Ruth Kreutzberg