Hunger auf mehr

Bibelfenster zum 3. August 2012:

Danach ging Jesus an das andere Ufer des Sees von Galiläa, der auch See von Tiberias heißt. Eine groáe Menschenmenge folgte ihm, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. Jesus stieg auf den Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern nieder. Das Pascha, das Fest der Juden, war nahe. Als Jesus aufblickte und sah, dass so viele Menschen zu ihm kamen, fragte er Philippus: Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben?

Einheitsübersetzung, Johannes 6,1-5

 

Jeder und jede kennt es sicherlich: Das Gefühl, Hunger zu haben. Trotzdem müssen sich bei uns in Europa nur wenige Menschen Sorgen um ihr tägliches Brot machen. In anderen Teilen der Welt stellt sich die Frage nach der alltäglichen Nahrung in ganz anderer Dramatik.
Hunger: Dahinter verbirgt sich ganz allgemein die Frage nach dem, was mich satt macht. Es gibt eben auch den Hunger im übertragenen Sinn: Die Sehnsucht nach einem glücklichen, gelingenden und sinnvollen Leben. Keiner kann von sich behaupten, nur von Luft und Liebe zu leben und mal ehrlich: Einem guten Essen in netter Atmosphäre wird sich niemand verschließen.
Aber es gilt auch, was Dorothe Sölle in einem ihrer Texte klar macht: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, er stirbt sogar am Brot allein.“ Und sie macht deutlich, worum es ihr geht: „Wir atmen noch, konsumieren weiter, wir scheiden aus, wir erledigen, wir produzieren, wir reden noch vor uns hin und leben doch nicht …“

Das Bibelfenster

Hier kommentieren jede Woche Menschen aus dem Bistum Osnabrück eine Bibelstelle aus einer der aktuellen Sonntagslesungen – pointiert, modern und vor allem ganz persönlich.

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Zur Zeit Jesu wird es nicht viel anders gewesen sein als heute: Es wird die Menschen gegeben haben, die zufrieden sind mit dem, was den Magen füllt, was sie sich kaufen können, was die elementarsten Bedürfnisse stillt. Es wird aber auch die Menschen gegeben haben, die „mehr“ wollen, die eine Sehnsucht nach Freiheit, Gerechtigkeit und Leben, vielleicht sogar nach Gott in sich spühren.
Jesus weiß und sorgt sich um beide Arten des Hungers, um den buchstäblichen und um den übertragenen.
Sein Handeln und Wirken bei den 5000 ist auch Vermächtnis und Auftrag an uns: Die Stillung des Hungers nach Brot verlangt persönliches Teilen und politischen Kampf um eine Wirtschaftsordnung, damit alle genug Brot haben, um davon zu leben. Die Stillung des Hungers im übertragenen Sinn ist genauso Aufgabe und Herausforderung für uns: Alle sollen in Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität leben können. Dazu können alle etwas beisteuern, ein jeder nach seinen Möglichkeiten. Dann wird Gott unseren Beitrag segnen und fruchtbar machen und alle werden satt werden an Gottes Nähe.

Christian Adolf