Leben auf dem Trockenen
Bibelfenster zum 23. Januar 2013:
Am dritten Tag wurde in Kana in Galiläa eine Hochzeit gefeiert. Die Mutter von Jesus war dabei, und auch Jesus war mit seinen Jüngern dazu eingeladen. Als der Weinvorrat zu Ende war, sagte seine Mutter zu ihm: „Sie haben keinen Wein mehr!“ Jesus erwiderte ihr: „Frau, das ist meine Sache, nicht deine! Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ Da wandte sich seine Mutter an die Diener und sagte: „Tut alles, was er euch befiehlt!“ Im Haus standen sechs Wasserkrüge aus Stein, von denen jeder etwa hundert Liter fasste. Man brauchte sie wegen der Reinigung, die das Gesetz vorschreibt. Jesus sagte zu den Dienern: „Füllt diese Krüge mit Wasser!“ Sie füllten sie bis an den Rand. Dann befahl er ihnen: „Jetzt nehmt eine Probe davon und bringt sie dem Mann, der für das Festessen verantwortlich ist.“ Sie brachten ihm eine Probe, und er kostete das Wasser, das zu Wein geworden war. Er wusste nicht, woher dieser Wein kam; nur die Diener, die das Wasser geschöpft hatten, wussten es. Er rief den Bräutigam zu sich und sagte: „Jeder bringt doch zuerst den guten Wein auf den Tisch, und wenn die Gäste schon reichlich getrunken haben, folgt der schlechtere. Aber du hast den guten Wein bis zuletzt aufgehoben!“ So vollbrachte Jesus in Kana in Galiläa sein erstes Wunderzeichen und offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger kamen zum Glauben an ihn.
Gute Nachricht Bibel, Johannes 2,1-11
Diese biblische Erzählung erinnert mich an eine Szene aus dem gerade aktuellen Kinofilm „Jesus liebt mich“: Jesus ist zu einem Abendessen eingeladen. Neben ihm sitzt Gabriel, der immer mal wieder sein Wasser im Glas von Jesus durch Wein ersetzen lässt. Das Wunder verfremdet und reduziert auf so etwas wie einen Zaubertrick, der einem den Alltag versüßt.
Zur Verbindung von Fest und Wein fällt mir noch ein ganz anderer Film ein: „Babettes Fest“ wird gefeiert inmitten einer streng pietistischen (Glaubens-) Gemeinschaft, deren Alltag von Bescheidenheit, Lebensernst und Askese geprägt ist. Den Gästen, die alles Überschwängliche aus religiösen Gründen ablehnen, wird ein üppiges mehrgängiges französisches Diner serviert. Anfänglich nur um der Köchin willen kosten die Gäste die wunderbaren Speisen und die Weine. Sie halten auf für sie ungewohnte Weise Mahl – die Szene erinnert stark an Jesu letztes Abendmahl – erleben Festfreude und teilen miteinander Fülle. Dadurch bricht in den einzelnen und in der alternden Gemeinschaft etwas auf: Versöhnung wird möglich, Zuversicht und Hoffnung brechen sich Bahn.
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Sichtbar wird hier: Der Mensch lebt nicht von Brot allein. Damit Leben nicht auf dem Trockenen bleibt bzw. nicht austrocknet, brauchen wir hin und wieder Festzeiten und Festfreude, Fülle und auch Überschwang. Ein festliches Mahl, eine Hochzeit ist ohne Wein kaum denkbar. Der Wein symbolisiert Lebensfreude und Fülle, während das Brot das Lebensnotwendige repräsentiert. Dass Jesus hier am Anfang seines Wirkens auf der Hochzeit zu Kana also aus Wasser Wein macht, ist kein zufälliges Zeichen. Vielmehr wird hier schon deutlich, wozu Jesus gekommen ist: die Fülle des Lebens zu bringen.
Diese Sehnsucht nach Fülle kenne ich von mir. Meine Blickrichtung geht aber oft ins Gegenteil. Mich lädt das Evangelium von der Hochzeit zu Kana ein, meine Wahrnehmung (mal wieder) dafür zu schärfen, wo ich Lebensfülle schon jetzt erlebe, aber auch anderen schenken kann.
Inga Schmitt, Pastoralreferentin