Sehen mit Gottes Hilfe

Bibelfenster zum 1. November 2012:

Als er mit seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge Jericho wieder verließ, saß an der Straße ein blinder Bettler, Bartimäus, der Sohn des Timäus. Sobald er hörte, dass es Jesus von Nazaret war, rief er laut: Sohn Davids, Jesus, hab Erbarmen mit mir! Viele wurden ärgerlich und befahlen ihm zu schweigen. Er aber schrie noch viel lauter: Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Jesus blieb stehen und sagte: Ruft ihn her! Sie riefen den Blinden und sagten zu ihm: Hab nur Mut, steh auf, er ruft dich. Da warf er seinen Mantel weg, sprang auf und lief auf Jesus zu. Und Jesus fragte ihn: Was soll ich dir tun? Der Blinde antwortete: Rabbuni, ich möchte wieder sehen können. Da sagte Jesus zu ihm: Geh! Dein Glaube hat dir geholfen. Im gleichen Augenblick konnte er wieder sehen, und er folgte Jesus auf seinem Weg.

Einheitsübersetzung, Markus 10,46b-52

„Ich möchte (wieder) sehen können“ – eine Bitte, die jede/r in irgendeiner Form sofort nachvollziehen kann: bei Dunkelheit oder Nebel: gut sehen können – oder wenn die Sehkraft nachgelassen hat, eine neue Brille bekommen.
Aber auch im übertragenen Sinn: Überblick bekommen, Durchblick behalten, Aussichten haben. Im wörtlichen und übertragenen Sinn: sehen können ist ein Geschenk, eine Wohltat.

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Manchmal ist es so, dass wir sehen und doch nicht sehen, dass wir optisch die Dinge wahrnehmen, aber den Anruf der Dinge nicht mitbekommen. Das, was vor den Augen ist, geht nicht ins Innere, wird nicht zur Einsicht, führt nicht zu einem Anspruch. Die Augen sind das Einfallstor für den Anruf Gottes.

Deswegen kann ich die Bitte des Bartimäus auch dahin wenden: Herr, ich möchte andere nicht übersehen, nicht an ihnen vorbei oder auf sie herab sehen. Und: Ich möchte, dass das, was mir in die Augen fällt, in meine Wahrnehmung tritt und mich bewegt. Herr, lass mich dich sehen in dem, was meine Augen sehen. „Ich möchte sehen können“ – eine Bitte aus der Tiefe des Herzens.

Pater Franz Richardt