Wachsam sein
Bibelfenster zum 11. August 2016
Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben. Verkauft eure Habe und gebt den Erlös den Armen! Macht euch Geldbeutel, die nicht zerreißen. Verschafft euch einen Schatz, der nicht abnimmt, droben im Himmel, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn frisst.
Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz. Legt euren Gürtel nicht ab und lasst eure Lampen brennen! Seid wie Menschen, die auf die Rückkehr ihres Herrn warten, der auf einer Hochzeit ist, und die ihm öffnen, sobald er kommt und anklopft. Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! Amen, ich sage euch: Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen. Und kommt er erst in der zweiten oder dritten Nachtwache und findet sie wach – selig sind sie. Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, in welcher Stunde der Dieb kommt, so würde er verhindern, dass man in sein Haus einbricht. Haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.
Da sagte Petrus: Herr, meinst du mit diesem Gleichnis nur uns oder auch all die anderen? Der Herr antwortete: Wer ist denn der treue und kluge Verwalter, den der Herr einsetzen wird, damit er seinem Gesinde zur rechten Zeit die Nahrung zuteilt? Selig der Knecht, den der Herr damit beschäftigt findet, wenn er kommt! Wahrhaftig, das sage ich euch: Er wird ihn zum Verwalter seines ganzen Vermögens machen. Wenn aber der Knecht denkt: Mein Herr kommt noch lange nicht zurück!, und anfängt, die Knechte und Mägde zu schlagen; wenn er isst und trinkt und sich berauscht, dann wird der Herr an einem Tag kommen, an dem der Knecht es nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt; und der Herr wird ihn in Stücke hauen und ihm seinen Platz unter den Ungläubigen zuweisen. Der Knecht, der den Willen seines Herrn kennt, sich aber nicht darum kümmert und nicht danach handelt, der wird viele Schläge bekommen.
Einheitsübersetzung, Lukas 12, 32-48
Beim Lesen des Evangeliums muss ich an meine Lieblings-Kaffeetasse denken. Sie ist dunkelblau und hat die perfekte Größe für den ersten Kaffee am Morgen. „Wach bleiben“ steht darauf – in dicken, weißen Buchstaben.
„Wach bleiben“, davon handelt auch das Evangelium an diesem Sonntag. Ein langer und vielschichtiger Text. Es geht um die Situation der Jünger in der Welt, um Verzicht auf Besitz, und eben um Mahnungen zur Wachsamkeit. Dazu verschiedene Textsorten: Seligpreisungen, Gleichnisse, Weisheitssprüche, …
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Lukas vergleicht die Gruppe der Jünger mit einer „kleinen Herde“. Das trifft auch heute zu – die Kirchenaustrittszahlen sind nach wie vor hoch. Und dennoch: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben“ (Lk 12,32). Das sind zuversichtliche Worte. Jesus verlangt von seinen Jüngern, auf Besitz zu verzichten und sich konsequent den Armen zuzuwenden. Damals wie heute. Papst Franziskus macht es vor: Fiat statt Limousine, Straßenbahn statt Papa-Mobil. Sein Name ist Programm: Er möchte eine „arme Kirche für die Armen“.
Und dann die Mahnung zur Wachsamkeit: Viele der frühen Christen haben die baldige Wiederkunft Christi erwartet. Diese „Naherwartung“ war fester Bestandteil ihres Glaubens. Wer sich auf das Kommen des Herrn vorbereitet, hört im Evangelium verheißungsvolle Töne. Wer aber unaufmerksam ist, wird durch warnende, bedrohliche Worte aufgeschreckt. Wachsam sein für das Wiederkommen des Herrn – wie ist das heute zu verstehen? Ich denke an Ignatius von Loyola, den Mitbegründer des Jesuitenordens. „Gott in allen Dingen suchen und finden“, sagt er. Das heißt: Als Christ soll ich wachsam sein – für den, der mich (leise) um Hilfe bittet, der um einen lieben Menschen trauert, der krank oder einsam ist. Wachsam sein – für Gottes Schöpfung und nicht zuletzt auch für mich selbst.
Katharina Engelen