Zweifeln ist erlaubt
Bibelfenster zum 6. Mai 2011:
Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Thomas, genannt Didymus (Zwilling), einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus – hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben..
Einheitsübersetzung, Johannes 20, 19;24-29
Welch ein Segen, dass es im Jüngerkreis um Jesus einen Mann wie Thomas gibt. Der lässt sich nicht auf schwärmerische Worte ein. Thomas will sehen, will fühlen, will sich selbst überzeugen.
Jahrhunderte lang wurde Thomas als der Zweifler abqualifiziert. Der Mann, der mit seinen Fragen ein schlechtes Beispiel gibt, der nicht glauben will. Irrtum! Thomas hat mit der ganzen Kraft seines Herzens geglaubt. Er ist diesem Messias gefolgt, drei Jahre lang, hat alle Pläne, alle beruflichen Sicherheiten, selbst seine Familie aufgegeben und ist mit ihm und dem Freundeskreis durch die Lande gezogen, um die Botschaft von Gott weiterzugeben.
Und was ist davon geblieben? Ein Meister, der als Verbrecher am Kreuz stirbt. Der Freundeskreis hat sich hinter verschlossenen Türen verbarrikadiert. Und nun soll er glauben, dieser Jesus lebe wieder?
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Thomas will selbst sehen. Er will handfeste Beweise. Und Gott sieht das Fragen offensichtlich als sein gutes Recht an. Nach dem Friedensgruß fordert Jesus den Thomas unkompliziert auf, seine Hände, seine Seite, ihn wie er leibhaftig vor ihm steht, anzufassen und sich zu überzeugen: Das ist tatsächlich Jesus, der am Kreuz gestorben ist.
Thomas ist überwältigt. Er kann nur noch stammeln: Mein Herr und mein Gott. Das Bekenntnis seines Glaubens, seiner Liebe. Und das wiederum ist das Große an diesem Apostel. Er hat sich das Recht genommen, zu zweifeln. Aber er ist dabei offen geblieben für die Wahrheit, er lässt sich von der Wirklichkeit Gottes überzeugen und er bekennt sich mit ganzem Herzen zu Jesus.
Nicht der Zweifel ist der Feind des Glaubens, sondern die Sturheit im Widerstand, das Erstarren in der eigenen Meinung, das sich der Wahrheit Verweigern.
Ruth Kreutzberg