Bitte stehen bleiben!
Am letzten Wochenende leitete ich einen Kurs in einem Tagungshaus in einer Nachbardiözese. Zwei- oder dreimal im Jahr bin ich da – und fast jedesmal gibt es etwas Neues zu entdecken, denn sie versuchen dort, ein „gutes“ Haus noch „besser“ zu machen.
Diesmal waren es die Türen. Die waren auf Automatik umgestellt worden, das heißt, wenn man sich ihnen nähert, öffnen sie sich jetzt wie von „Geisterhand“, sehr praktisch, wenn man einen Koffer in der Hand hat oder im Rollstuhl unterwegs ist.
Auch der Flur zu dem Gang, wo mein Zimmer war, hat nun eine solche Tür. Ich näherte mich ihr schwungvoll, sie öffnete sich, und ich machte den nächsten Schritt Richtung Flur. Aber das mochte die Tür nun gar nicht – und blieb nur halb geöffnet stehen, so dass ich fast dagegen gerannt wäre. Nachdem mir das einige Male passiert war, hatte ich meine Lektion gelernt: Auf die Tür zugehen – sie sich öffnen lassen – dabei stehenbleiben! – und erst dann weitergehen, wenn sie ganz geöffnet ist. Mitten in all meinem „Unterwegs-Sein“ werde ich zum Innehalten gezwungen – weil diese Tür ein anderes Tempo hat als ich. Leise schmunzelte ich in mich hinein und beschloss kurzerhand, das als meditative Übung zu nutzen: der Tür ihre Zeit lassen – und bewusst für einen Moment stehen bleiben, um dann wieder loszugehen.
Über die Autorin
Andrea Schwarz ist Schriftstellerin und pastorale Mitarbeiterin im Bistum Osnabrück. Sie ist eine genaue und sensible Beobachterin ihrer Umwelt und der Menschen, denen sie begegnet. In ihren Texten versucht sie, Gott mitten im Alltag zu entdecken und Lust aufs Leben zu machen – nun erstmals auch in Form von Blogbeiträgen!
Vielleicht täte mir das auch in meinem Alltag immer mal wieder gut: in all meinem Rennen und „Irgendwohin-unterwegs-sein“ kurz innehalten, warten, dem anderen die Zeit geben, die er oder sie oder es braucht.
Und ich erinnerte mich daran, dass alte Klöster eigentlich genau nach dem Prinzip gebaut sind: Man kommt nie direkt von einem Bereich in einen anderen – sondern muss immer zuerst in den Kreuzgang. Also – aus der Kirche in den Kreuzgang, von dort in den Speisesaal, von dort wieder zuerst in den Kreuzgang – und dann erst in den Schlafraum. Die Idee ist alt, aber taugt durchaus auch für heute: Übergänge bewusst wahrnehmen und einen Moment innehalten.
Dass allerdings auch moderne Automatiktüren in katholischen Bildungshäusern diese Idee auf ihre Art unterstützen, war mir neu. Aber nun gut … warum nicht?