Das Geheimnis des Ankommens
„Sie haben ihr Ziel erreicht.“ Fahrten durch unvertrautes Gelände mit noch unbekanntem Ziel finde ich spannend und bisweilen anstrengend. Wie gut, wenn die Suche ein Ende hat und die Stimme im Navi versichert: „Ihr Ziel befindet sich auf der rechten Seite.“ Dann lasse ich mich gerne überraschen, wie es am Ziel aussieht und was dort auf mich wartet.
Was mit dem Auto gut möglich ist, stellt sich auf dem Weg durchs Leben oft anders dar. Gibt’s überhaupt ein Navi? Wenn ja, welches Ziel eingeben? Was suchen? Welche Route wird da berechnet, und informiert mich jemand über die ungefähre Ankunftszeit?
Als Suchender bezeichnet sich der bekannte spirituelle Autor Pierre Stutz. Und er betont: „Suchend bin ich immer schon angekommen“. Er sei endlich bei sich angekommen. Das fasziniert mich. Wie geht das – suchen und ankommen zugleich? Er sei frei geworden von einer verkrampften Suche, habe losgelassen. Darin liege das Geheimnis des Ankommens. Nicht verbissen festhalten an einem Ziel, sondern sich finden lassen. So erlebe er sich als ein Gefundener. Und er kann gelassen und engagiert zugleich sagen: „Suchend bleibe ich ein Leben lang“. Unter diesem Titel hat Pierre Stutz 150 Meditationen veröffentlicht. In der kargen einsamen Zeit der Pandemie habe er das alltäglich Erfahrene hingehalten und sei in ein intuitives Schreiben gekommen. Den inneren Kritiker habe er in Urlaub geschickt. Ganz frei, ohne Zensur sind ihm Worte zugewachsen, die nicht ihm gehören, sondern geschenkt sind.
Über die Autorin
Daniela Engelhard ist Leiterin des Forums am Dom in Osnabrück. Bei der Arbeit in dieser Einrichtung der Citypastoral kommt sie mit vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt. Von Erlebnissen und Themen, die sie bewegen, berichtet sie in ihren Blogbeiträgen.
Als Pierre Stutz Kostproben dieser Meditationen im Forum am Dom vortrug – im Zusammenklang mit Musik von Johanna Weglage am Saxofon – erlebten wir eine Stunde in einer ganz besonders dichten Atmosphäre. Am 3. Mai um 21:00 Uhr werden mit ihm die Nachtgedanken aus dem Osnabrücker Dom auf www.youtube.com/bistumosna übertragen.
Zu seinem Leben, so Stutz, gehörten Freude und Glück, aber auch Schwere, Widerstand und Verzweiflung. In alldem sei die Beziehung zu einem göttlichen DU gewachsen. Ein DU, das ihn gefunden habe und schon längst bei ihm angekommen sei.
Zärtlichkeit und Gerechtigkeit
Dankbarkeit und Verzweiflung
Zuversicht und Verlorenheit
umarmen sich in Deiner Segenskraftin meiner kämpferischen Gelassenheit
trenne ich meine Lebensfreude und
meinen Schrei nach Sinn nicht mehr
verbinde sie in deiner Liebe.Aus: Pierre Stutz, „Suchend bleibe ich ein Leben lang“, Ostfildern 2022
Mich bestärkt dieses Zeugnis darin, auf der Suche zu bleiben, um auf dem Weg neue Spuren von Sinn und Segen zu entdecken. Und auch in dieser schweren verrückten Zeit an einer verrückten Hoffnung festzuhalten.