Eine ökumenischere Gestalt von Kirche

Kerzen werden entzündet
Bild: AdobeStoc.com, tsry360

Gestern Abend hatte ich ein eigenes ,nostalgisches‘ Erlebnis. Ich durfte in der St.-Antonius-Kirche in Lippstadt die letzte katholische Messe feiern, bevor diese Kirche der russisch-orthodoxen Gemeinde überlassen wird. Vor 46 Jahren habe ich dort zum ersten Mal als Neupriester die Eucharistie gefeiert, gepredigt, Beichte gehört, getraut und getauft. Obwohl ich nur zwei Jahre in der Gemeinde war, allerdings in einer sehr intensiven Zeit nach dem Tod des dortigen Pfarrers, haben sich mir viele gute Erinnerungen erhalten, die durch die Personen erneut wachgerufen wurden, die ich gestern traf.

Es hat mich tief berührt, dass diese Kirche, die 70 Jahre lang für den sozial eher schwachen Stadtteil mit großen Anstrengungen erhalten worden ist, nun für eine andere christliche Konfession Heimat wird, bedingt durch Migration und die sich weitende Diasporasituation. Wir haben der orthodoxen Gemeinde das brennende Ewige Licht übergeben und ein Kästchen mit Weihrauch aus Jerusalem, denn die Kirche bleibt die ,Wohnung‘ des Allerheiligsten, wo es vor allem in den Ikonen verehrt und angebetet wird.

Es war bei aller Wehmut des Abschieds von dieser auch für meinen Weg so wichtigen kleinen und bescheidenen Kirche doch auch die Freude spürbar, dass christliches Leben in ihr weitergeht und sich die katholische Gemeinde im Pastoralen Raum Lippstadt nun neu findet: an neuen Orten und in neuen Formen der Liturgie, im neuen Umgang mit dem Wort Gottes und in neuen Weisen der Caritas.

Über den Autor

Franz-Josef Bode ist unser Bischof und Vorsitzender der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz. Seit 2010, damals als erster deutscher Bischof, schreibt Bode in unserem Bistumsblog über Begegnungen und Gedanken aus seinem bischöflichen Alltag.

Es war die Erfahrung, wie sehr Gemeinde über so viele Jahre um eine Kirche herum tragfähige Gemeinschaft und Heimat bildet, wie sehr aber auch andere Formen der Vergemeinschaftung von Christen entstehen müssen in einem solchen Stadtteil. Und die Kirche bleibt ja erhalten, nicht eben nur zur Versammlung, sondern auch zum Innehalten und Verweilen, zum Aufatmen zwischen der Hektik von Bahn und Straßenverkehr, von Industriehallen und Fußballplatz.

Meine ersten priesterlichen Schritte bin ich da gegangen. Sie haben mich geprägt bis heute. So wollte ich auch die letzte katholische Liturgie dort gern begleiten hin zu einer künftig ökumenischeren Gestalt von Kirche überhaupt.

Schreibe einen Kommentar

Die von Ihnen verfassten Kommentare erscheinen nicht sofort, sondern erst nach Prüfung durch das Bistum Osnabrück. Erforderliche Felder sind mit einem * markiert. Bitte beachten Sie unsere Datenschutzerklärung