Erlösung ist nahe

eine Person steht mit buntem Schirm im Schneetreiben
Bild: unsplash.com, Anastasia Yilmaz

„In diesen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa. Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet. Und es geschah, als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. Und selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.“

Lukas 1,39-45

 

Zwischen den Zeilen: Umstürzung der Verhältnisse.

Der Ältere – im Bauch seiner Mutter – erkennt den Jüngeren – im Bauch seiner Mutter – als den Verheißenen und hüpft vor Freude. Die Ältere kann das Zeichen richtig deuten und erweist der Jüngeren Ehre, weil sie in ihr die Mutter ihres Herrn erkennt. Frauen, die eine zu jung, die andere zu alt, die eine eigentlich nicht mehr in der Lage zu gebären, die andere eigentlich noch nicht dafür vorgesehen, beide vom Heiligen Geist erfüllt, Glaubenszeuginnen und Prophetinnen für das Kommende. Zwei, von denen wohl niemand erwartet hätte, dass durch sie das Heil anbricht.

Was sich anschließend im Lukasevangelium entfaltet, bezeugt dann gar nicht mehr zwischen den Zeilen die Umstürzung aller Verhältnisse. Was Maria im sogenannten Magnificat, das sich direkt an die heutigen Zeilen des Evangeliums anschließt, besingt, lebt Jesus mit jeder Faser seines Wirkens. Niedrige werden erhöht und Mächtige vom Thron gestoßen. Gottes Heil kommt nicht in klaren Strukturen daher, sondern subversiv und so gar nicht zum Gefallen der Obrigkeit.

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Maria und Elisabeth, die zwei, von denen wohl niemand erwartet hätte, dass durch sie die Umstürzung so vieler gewohnter und bequemer Verhältnisse ihren Lauf nimmt, sie stehen für mich für die immer mehr werdenden Stimmen, die auch heute die wohlgeordneten Strukturen in Frage stellen und sie auf Gottes Gerechtigkeitssinn hin überprüfen. Die in Frage stellen, ob unsere wirtschaftlichen, politischen und gerade auch kirchlichen Systeme gerecht sind und Lebensfülle für jede*n einzelnen – hier und überall auf der Welt – fördern. Uns als Kirche, und damit sind nicht nur „die da oben“ gemeint, sondern jede*r einzelne von uns als Teil der Kirche, steht es da gut zu Gesicht, die prophetischen Stimmen zu hören und uns Gottes Umstürzung jeglicher Verhältnisse immer wieder zu stellen. So erschütternd das auch gerade ist.

Was mich tröstet und ermutigt? Gott schenkt Lösungen, wie das Evangelium des ersten Advents verheißt: Wenn die Welt über euch zusammenbricht und alles Kopf steht, „richtet euch auf und erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe“ (siehe Lukas 21,25-28).

Inga Schmitt, Pastoralreferentin