Farben der Schöpfung

Es fühlt sich an wie ein Sonnenbad in kühler Märzluft. Vorsichtig halte ich eine Leinwand in der Hand und kann den Blick kaum davon lösen. So viel Zeit muss sein. Beim Transport der Bilder und den Vorbereitungen für unsere Ausstellung interessiert mich schon einmal die Wirkung der Kunstwerke. Und die ist stark. Warme gelbe und rote Töne gehen in einem kunstvollen Farbverlauf ineinander über, kräftige Farbaufträge wechseln sich ab mit hauchzarten Pinselstrichen. Dieses Bild in meinen Händen strahlt ähnlich wie die Sonne eine unglaubliche Energie aus.

Es gehört zu einem Bilderzyklus, den die Osnabrücker Künstlerin Sybille Hermanns zum Sonnengesang des Franz von Assisi geschaffen hat. Die Bilder, eine Leihgabe von Haus Ohrbeck, sind vom 11. März bis zum 27. April in der Ausstellung „Farben der Schöpfung“ im Forum am Dom in Osnabrück zu sehen.

Was für ein Zusammentreffen: der Sonnengesang gedichtet und gemalt. Das Schöpfungslied, in dem Franziskus seine Begeisterung über Sonne, Mond, Sterne, Wasser, Wind und Erde in poetischen Worten ausruft. Und die gelben, roten und blauen Farblandschaften, mit denen Sybille Hermanns die schöpferische Inspiration des Sonnengesangs aufnimmt. Bei ihr wird der Lobgesang auf das Geschaffene und seinen Schöpfer zu einer Symphonie der Farben. In diese Klangwelt einzutauchen und sich vom Sonnengesang inspirieren zu lassen, das könnte für die Ausstellungsgäste nach langen grauen Winterwochen ein wohltuender Energieshot für die Seele werden.

Franziskus bewundert mit seinem Sonnengesang die Geschöpfe und möchte sie wohl am liebsten umarmen. Unkonventionell, wie er ist, spricht er sie als seine Geschwister an. So wird die Sonne in seiner Muttersprache zum Bruder, durch den der Schöpfer uns leuchtet. „Schön ist er und strahlend mit großem Glanz: von dir Höchster ein Sinnbild.“ Dieses Leuchten entdecke ich in den gelben Bildern von Sybille Hermanns wieder, oder die Kraft des Feuers, das Franziskus als „fröhlich und stark“ beschreibt, in den intensiven roten. In den blauen sehe ich Wind, Wolken und Wasser. Fast zärtlich spricht Franziskus vom „kostbaren“ Wasser und zeigt seine fürsorgende Haltung gegenüber der Natur.

An Sybille Hermanns Bildern gefällt mir ihre Offenheit. Sie legen die Betrachtenden nicht auf eine bestimmte Deutung fest. Vielmehr lassen sie verschiedenen Empfindungen und Lesarten freien Raum. Faszinierend, wie sie gleichermaßen Ruhe und Bewegung ausstrahlen. Das blaue Bild wirkt dynamisch wie ein dichter Wolkenhimmel mit starken Winden und lädt zugleich zu einem stillen meditativen Verweilen ein.

Mit Worten lässt sich diese Ausstellung kaum beschreiben. Besser ist es, sie anzuschauen und auf sich wirken zu lassen. Deshalb herzliche Einladung zu einer spannenden und sonnigen Entdeckungsreise ins Forum am Dom!