Fest verwurzelt?
Gesegnet der Mensch, der auf den Herrn sich verlässt und dessen Hoffnung der Herr ist. Er ist wie ein Baum, der an Wasser gepflanzt ist und am Bach seine Wurzeln ausstreckt. Er hat nichts zu fürchten, wenn Hitze kommt, seine Blätter bleiben grün; auch in einem trockenen Jahr ist er ohne Sorge, unablässig bringt er seine Früchte.
Jeremia 17,7-8
Wussten Sie schon, dass der Weinstock ein „Tiefwurzler“ ist? Seine Wurzeln können tatsächlich noch in zehn bis zwanzig Meter Tiefe an Wasser gelangen und so auch anhaltende Dürren, wie wir sie im vergangenen Jahr erlebt haben, problemlos überstehen.
Dabei ist der Rebstock nichts gegen eine weitere biblische Pflanze – den Feigenbaum. Vor allem seine südafrikanische Variante soll der unbestrittene Weltmeister im Tiefwurzeln sein: Während ein Teil der Wurzeln oberhalb der Erdoberfläche auf dem harten Gestein festen Halt bietet, dringt ein einzelner, bis zu zwanzig Zentimeter dicker Wurzelstrang bis weit in die Erde hinab – auch durch massives Gestein. Der Drang der Wurzel zum Wasser ist unaufhaltsam. Tiefste Messungen reichen bis zu 120 Meter Tiefe.
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Neben den „Prominenten“ aus der Heiligen Schrift zeigen auch wenig beachtete Nutzpflanzen Tiefgang. Zum Beispiel die zur Gattung der Hülsenfrüchte zählende Luzerne. Sie besitzt ein tiefreichendes Wurzelsystem von bis zu fünf Metern. Die Luzerne ist seit persischen Zeiten eine wichtige Futterpflanze für Pferde. Etwa 100 Jahre vor Christus gelangte sie nach Europa, wo sie auch als Futter für Schafe genutzt wurde.
Wenn ich mit meinem Hund durch die Wälder streife, treffen wir immer wieder auf umgestürzte Bäume: „Flachwurzler“, zumeist Fichten, die bei Wind und Dürre enorme Probleme mit der Standfestigkeit haben, ja sogar zur Gefahr für die Wanderer werden. Die Wurzelteller ragen aus der Erde, kaum dass sie ein tieferes Loch hinterließen.
Und dann kommt mir immer wieder dieser eine Gedanke: Brauchte nicht die von Stürmen und Dürre geschüttelte Kirche mehr „Tiefwurzler“, die ihre Hoffnung auf den Herrn setzen, in Jesus Christus wurzeln und in seiner Botschaft; deren Drang zum Wasser des Lebens unaufhaltsam ist? Wann, wenn nicht jetzt, braucht es den Mut, die „Flachwurzler“ zu prüfen, die vielen Urteile, Vorschriften, Strukturen und Selbstüberhöhungen, die Menschen ausgrenzen, unterdrücken oder gar krank machen, ja sogar umwerfen, fällen, statt Segen und Heil zu schenken?
Gerrit Schulte, Diakon