Während wir diese Zeilen schreiben, stehen die Kanäle nicht still. Immer mehr Menschen aus dem ganzen Land melden sich und geben ihrem Erstaunen Ausdruck oder ihrer Fassungslosigkeit und zollen unserem – ja, wie schreibt man das jetzt, „ehemaligen“ oder „bisherigen“ oder „zurückgetretenen“ – Bischof ihre Wertschätzung. „Ein überfälliger Schritt“, heißt es, „aber doch nicht ausgerechnet von ihm!“ „Da geht ein Guter!“, steht in einer Chat-Nachricht mit traurigem Emoji dahinter.
Franz-Josef Bode hat etwas getan, was vielen Respekt abnötigt. Persönliche Konsequenzen zu ziehen aus der Einsicht, dass auch er in den zurückliegenden Jahren für die Betroffenen von sexualisierter Gewalt durch Kleriker in seinem Bistum nicht entschieden und parteilich genug eingetreten war. Das stimmt. Aber darüber hinaus stimmt eben noch mehr.
Bischof Bode war – und bleibt – ein Mensch mit offenem Herzen, klugen und ausgewogenen Gedanken, hoher theologischer Expertise, Überzeugungskraft und zugleich mit der Fähigkeit ausgestattet, sich berühren und von guten Argumenten oder neuen Erfahrungen überzeugen zu lassen. Einer, der durchaus mal aus der Haut fahren konnte, aber dennoch immer die Versöhnung suchte.
Ein Mann mit „Herz und Haltung“, so formulierte es die Präsidentin des ZdKs, Irme Stetter-Karp treffend. Und der Vorsitzende der DBK, Bischof Georg Bätzing, nannte ihn einen der wichtigsten Mitstreiter und Gefährten. Ja, dieser Bischof war kein Alles-alleine-Macher. Er war nah dran an dem, was Augustinus einmal formuliert hat und was seither als Messlatte für dieses Amt gelten kann: „Für euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ.“
Über die Autorinnen
Daniela Engelhard ist Leiterin des Forums am Dom in Osnabrück, Martina Kreidler-Kos leitet das Seelsorgeamt des Bistums. Beide schreiben schon länger für den Blog des Bistums Osnabrück. Anlässlich des Rücktritts von Bischof Franz-Josef Bode haben sie diesen gemeinsamen Beitrag verfasst.
Nun ist Franz-Josef Bode nicht mehr im Amt. Er geht und mit seinem Rücktritt sind sie alle mit voller Wucht da, die Themen, um die in der Kirche gerungen wird: die dringend notwendigen Reformen, die zutiefst erschütternden Missbrauchsskandale, die drängenden Fragen nach einer zukunftsfähigen Kirche und nach heutigen Formen, die Botschaft des Evangeliums zu bezeugen. Noch einmal: Bode übernimmt Verantwortung. In seinem Schreiben zum Rücktritt bekennt er Fehleinschätzungen angesichts der Missbrauchsfälle und dass auch er lange Zeit mehr die Täter und die Institution als die Betroffenen im Blick gehabt habe. Ja, das hat zu dem Vertrauenseinbruch bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bistum geführt, den er ebenfalls benennt. Die Irritation war groß. Nun handelt er konsequent. Er ist der erste Bischof in Deutschland, der wirklich im Zusammenhang mit Missbrauch zurückgetreten ist. Dieser Schritt verdient hohe Anerkennung.
Für das Bistum Osnabrück bedeutet dies einen großen Einschnitt. Mit seiner zugewandten Art, seinem unermüdlichen Glaubenszeugnis und seiner großen Offenheit für Erneuerung hat er unser Bistum tief geprägt. Das Evangelium und die ganz realen Alltagsthemen der Menschen gehören für ihn untrennbar zusammen. Er stand für eine Kirche, die nicht im Gestern verharrt, sondern nahe an den heutigen Lebenswirklichkeiten ist – als Bischof von Osnabrück, als stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, als langjähriger Jugendbischof und Vorsitzender der Pastoralkommission, als Präsidiumsmitglied des Synodalen Weges. Auch und gerade viele Katholikinnen sahen in ihm einen Hoffnungsträger. Mehr Frauen in kirchlichen Führungspositionen und als Gemeindeleiterinnen, Maßnahmen gegen Missbrauch an erwachsenen Frauen, Zulassung von Frauen zum Diakonat – dafür hat er sich mit viel Energie und Nachdruck eingesetzt. Nach dem vorläufigen Ende des Synodalen Weges gab er umgehend den Anstoß für die Umsetzung der Beschlüsse in seinem Bistum: Predigt und Taufspendung durch Nichtgeweihte, Segensfeiern für alle Paare, die sich den Segen Gottes für ihre Beziehung wünschen. Das sind Neuerungen, die ohne seinen Einsatz immer noch auf sich warten ließen.
Franz-Josef Bode wird uns fehlen. Als Anwalt längst überfälliger Reformen, als Bischof, als Persönlichkeit. Von Herzen sagen wir ihm DANKE für die gemeinsame Wegstrecke. Für den gemeinsamen Einsatz für eine Kirche, die den Menschen dient und die Menschenfreundlichkeit Gottes sichtbar macht. Wir wünschen ihm Gottes reichen Segen für die Zukunft. Und: Es gibt ein Leben nach dem Bischofsamt. Möge es viel Gutes und Erfüllendes für ihn bereithalten – und für uns alle noch so manche Begegnung mit ihm!