Ich glaube. Ich glaube nicht. Ich glaube …
Thomas, genannt Didymus – Zwilling -, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt, und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus – hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.
Einheitsübersetzung, Johannes 20, 24-29
Der Jünger Thomas hat Zweifel. Er muss fühlen und sehen, damit er glauben kann. Darauf muss er acht Tage lang warten. Und wir? Wir warten schon seit 2000 Jahren darauf, dass ER wiederkommt. Und obwohl wir nicht sehen und fühlen können, glauben doch noch so viele … Sind die, die glauben, die zufällig Seligen? Die eben das Glück haben, einfach Glauben zu können? Haben alle anderen, die wie Thomas fühlen oder sehen müssen, um zu glauben, einfach Pech?
Grundsätzlich bin ich sicher, dass Zweifeln erlaubt ist. Glaube funktioniert nicht nur in Schwarz-Weiß. Es gibt nicht nur Glauben oder Nicht-Glauben, sondern unzählige Grautöne dazwischen. Und so finde ich es spannend, Menschen, die Zweifel haben, zwar keine Beweise liefern zu können, aber zu versuchen, ihnen die Geschehnisse von damals wieder näher zu bringen – etwas lebendiger werden zu lassen.
Wie das gehen kann? In der Karwoche habe ich es in der Gründonnerstagsliturgie der Jugendkirche in Schepsdorf selbst erlebt:
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Nicht nur Texte, sondern auch ein erweiterter Altar, ein großer eingedeckter Tisch, erinnerten handfest an das letzte Abendmahl. Wie muss die Stimmung der Jünger wohl gewesen sein? Waren sie wie manche Partygesellschaft, die ausgelassen feiert und fröhlich ist und sich wünscht, dieser Moment möge niemals enden? Wir haben uns in Personen und Rollen hineinversetzt. Versucht, zu erleben, wie es ihnen in der Situation ergangen sein muss, was sie gedacht, gesagt und gefühlt haben. Zu Gabenbereitung sangen wir dann ein Lied, dass eben diese Stimmung aufgreifen sollte: „Tage wie diese“ von den Toten Hosen. Als etwa 200 Leute in der stimmungsvoll eingerichtet und ausgeleuchteten Kirche sangen, andächtig und nicht grölend: „An Tagen wie diesen wünscht man sich Unendlichkeit. An Tagen wie diesen haben wir noch ewig Zeit, wünsch‘ ich mir Unendlichkeit …“, bekam ich eine Gänsehaut und dachte: So ähnlich könnte die Stimmung gewesen sein. So ungefähr müssen sich die Jünger damals gefühlt haben. Deswegen hat sich auch eben dieser Moment im Brechen des Brotes bis heute in der Eucharistiefeier bewahrt.
Wir können nach 2000 Jahren leider Jesus nicht mehr wirklich fühlen und sehen, wenn wir an unserem Glauben zweifeln. Aber wenn wir den Glauben lebendig halten, können wir auf unterschiedliche Weise erspüren, wie viel Kraft und Seligkeit nach wie vor in ihm steckt.
Pastoralreferentin Eva Schumacher