Himmlische Gemeinschaft
Schwestern und Brüder,
wir wollen euch über die Entschlafenen nicht in Unkenntnis lassen,
damit ihr nicht trauert wie die anderen,
die keine Hoffnung haben.
Denn wenn wir glauben,
dass Jesus gestorben und auferstanden ist,
so wird Gott die Entschlafenen
durch Jesus in die Gemeinschaft mit ihm führen.
Denn dies sagen wir euch nach einem Wort des Herrn:
Wir, die Lebenden,
die noch übrig sind bei der Ankunft des Herrn,
werden den Entschlafenen nichts voraushaben.
Denn der Herr selbst wird vom Himmel herabkommen,
wenn der Befehl ergeht,
der Erzengel ruft und die Posaune Gottes erschallt.
Zuerst werden die in Christus Verstorbenen auferstehen;
dann werden wir, die Lebenden, die noch übrig sind,
zugleich mit ihnen auf den Wolken in die Luft entrückt
zur Begegnung mit dem Herrn.
Dann werden wir immer beim Herrn sein.
Tröstet also einander mit diesen Worten!Erster Brief des Paulus an die Thessalonicher, 4, 13-18
Bei diesem Abschnitt aus dem ältesten neutestamentlichen Schreiben merkt man, wie sich unser heutiger Kontext vom damaligen unterscheidet – bei Paulus und der Gemeinde von Thessaloniki war die Erwartung auf eine baldige Rückkehr von Jesus so stark, dass sie sich Fragen gestellt haben, die uns vermutlich weniger betreffen: Was ist mit den Christen, die schon verstorben sind, wenn Jesus wiederkommt? Werden sie die Begegnung verpassen, wie die törichten Jungfrauen im Matthäusevangelium? Gibt es für sie Nachteile?
Auch wenn für uns diese Fragen nicht so aktuell und brennend sind, kann uns der Abschnitt aus dem Paulusbrief mindestens in zweierlei Richtungen inspirieren.
Erstens, die pastorale Sorge von Paulus für diese Gemeinde. Laut der Apostelgeschichte war er nur drei Wochen in der neugegründeten Gemeinde in Thessaloniki. Trotzdem brennt er dafür, die frisch gebackenen Christen aus der Ferne auf ihrem Weg zu Gott zu unterstützen. Er begleitet ihre Fragen und Zweifel und ermutigt sie, den Glauben trotz aller Schwierigkeiten und Widrigkeiten zu leben. Dabei nimmt er ihre Themen und Fragen ernst, und bietet seine Einblicke und sein Verständnis der Schriften. Jede*r von uns ist auch immer wieder dazu berufen, Zeugnis von ihrem und seinem Glauben für die Menschen von heute zu geben, und zwar aus unseren eigenen konkreten Erfahrungen und dem Verständnis der Botschaft Gottes heraus.
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Und hier die zweite Botschaft für uns, Christen des 3. Jahrtausend nach Christus: Die Situation dieser Gemeinde bietet trotz allem auch Ähnlichkeiten mit der unsrigen. Wie Paulus wahrgenommen hat: Unkenntnis verunsichert. Verunsicherung kann zur Trostlosigkeit führen – zu einer hoffnungslosen Haltung gegenüber der Zukunft. So nimmt Paulus die Lage der Gemeinde in Thessaloniki wahr und deswegen bietet er seine vom Wort Gottes inspirierten Einblicke in diese für Menschen so grundlegende Frage: Was passiert nach dem Tod?
Leben nach dem Tod bedeutet für Paulus „immer beim Herrn sein“. Diese Gemeinschaft mit Gott ist dabei nicht nur als individuelle Perspektive zu betrachten, sondern als gemeinschaftliches Erlebnis mit all unseren Mitmenschen. Egal, wer früher oder später gestorben ist. Es ist das Ziel unserer Reise: die Gemeinschaft mit Gott und mit allen Mitmenschen.
Mit diesem Bild möchte Paulus in seiner seelsorglichen Sorge die damaligen Christen trösten. Und das könnte auch uns ansprechen. In diesen Zeiten, wo die Gemeinschaftserfahrung wegen Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen seltener (oder zumindest anders) zu erfahren ist, können wir uns vergegenwärtigen, dass wir alle bereits in einer großen Prozession zusammen und in Gemeinschaft mit Gott auf ein einziges Ziel ausgerichtet sind: das ewige Leben.
Roberto Piani und Irene Vogt