Klärendes Feuer
Heute möchte ich zur Abwechslung mal auf eine Bibelstelle eingehen: „Als Paulus einen Haufen Reisig zusammenraffte und auf das Feuer legte, fuhr infolge der Hitze eine Viper heraus und biss sich an seiner Hand fest. Er aber schüttelte das Tier von sich ab ins Feuer und erlitt keinen Schaden.“ (Apostelgeschichte 28, 3.5)
Es gibt verletzende Erfahrungen, die sich einem ins Gedächtnis einbrennen, die immer und immer wieder in der Erinnerung hochkommen. Sie quälen durch schlaflose Nächte und füllen die Seiten der Tagebücher. Es braucht viele Gespräche und Reflexionen, um mit ihnen leben zu können. Sie sind festgebissene Vipern, die mit ihrem Gift Müdigkeit und Lähmung, Angst und Schrecken auslösen.
Über den Autor
Theo Paul ist Domkapitular und unter anderem für die Krankenhäuser, Klöster und geistlichen Orte im Bistum Osnabrück zuständig. In seinen Blogbeiträgen greift er gerne aktuelle Themen auf.
Paulus hat in der obigen Bibelstelle nach einem Schiffbruch vor Malta endlich wieder Boden unter den Füßen. Er hat die Stürme überlebt. Die Wärme des Feuers steht für das Leben. Doch aus dem Feuer springt ihn mit der Viper eine neue tödliche Gefahr an. Die Schlange beißt sich fest, hartnäckig, so wie bestimmte Augenblicke, Begegnungen und Bilder sich festbeißen können. Ein anstrengender brennender Prozess der Aufarbeitung und Klärung kann notwendig sein.
Es gibt dann auch den Moment – Paulus erlebt ihn aus seinem Glauben heraus mit Gottes Hilfe –, indem wir die Viper von uns schleudern können. Alles verbrennt in den Klärungsprozessen. Im Wachen und Träumen, Schweigen und Beten, Lachen und Weinen zeigt sich dann meine Lebendigkeit.