Lichtmomente
Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg, aber nur sie allein. Und er wurde vor ihnen verwandelt; seine Kleider wurden strahlend weiß, so weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann. Da erschien ihnen Elija und mit ihm Mose und sie redeten mit Jesus. Petrus sagte zu Jesus: Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste nämlich nicht, was er sagen sollte; denn sie waren vor Furcht ganz benommen. Da kam eine Wolke und überschattete sie und es erscholl eine Stimme aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören. Als sie dann um sich blickten, sahen sie auf einmal niemanden mehr bei sich außer Jesus. Während sie den Berg hinabstiegen, gebot er ihnen, niemandem zu erzählen, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei. Dieses Wort beschäftigte sie und sie fragten einander, was das sei: von den Toten auferstehen.
Markus 9, 2-10
Es gibt im Gotteslob ein Lied, das diese biblische Szene von der Verklärung Christi zum Klingen bringt (GL 363). Der Text dieses Liedes nimmt uns mit auf den Weg hoch zum Berg Tabor in den Raum der Begegnung mit Gott. Es bittet um Teilhabe am Licht und weiß, dass der Weg vom Tabor hinab wieder in die Alltagssorgen führt:
Herr, nimm auch uns zum Tabor mit, um uns dein Licht zu zeigen!
Lass unsre Hoffnung Schritt um Schritt mit dir zu Gott aufsteigen!
Du wirst auch uns verklären, Herr der Herren.
Lass leuchten deine Herrlichkeit, von der die Seher künden!
Mach uns für Gottes Reich bereit, wo alle Mühen münden.
Du wirst auch uns verklären, Herr der Herren.
Dann geh mit uns vom Berg hinab ins Tal der Alltagssorgen
Und sei uns Weg und Wanderstab durchs Kreuz zum Ostermorgen.
Du wirst auch uns verklären, Herr der Herren.
Ausgangpunkt des Liedtextes ist die Erfahrung des Alltags. Seine in Bann schlagende Vielfalt verstellt manchmal den Blick auf größere Zusammenhänge. Man kann sich ganz verlieren im Vielerlei des Alltags. Es ist verständlich, dass darin die Sehnsucht wach wird, endlich mal wieder einen weiten Blick zu haben, endlich mal wieder Licht zu sehen, endlich mal wieder auf andere Gedanken zu kommen.
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Auf diesem Grund entsteht die Bitte: „Herr, nimm auch uns zum Tabor mit, um uns dein Licht zu zeigen!“ Die Bitte knüpft an den Weg Jesus hoch auf den Tabor an. Jesus ist, so darf man wohl sagen, auf sorgenvollem Weg nach Jerusalem unterwegs. Er weiß, was ihn dort erwartet. Zu heftig waren die Auseinandersetzungen mit den Pharisäern und Schriftgelehrten. Im Zentrum des Landes wird ihm der Prozess gemacht werden. Mit dieser Vorahnung steigt er auf den Berg Tabor und nimmt die drei Jünger Petrus, Johannes und Jakobus mit sich. Oben angekommen ereignet sich die Verklärung. Ich stelle sie mir so vor, dass Jesus im Licht der gesamten Schrift, hier mit dem Erscheinen von Mose und Elija beschrieben, ganz klar wird, was ihm vorher vielleicht nur dunkle Ahnung war: Sein Weg wird vom Tabor nach Golgatha führen. Das wird der Abstieg sein.
Es ist verständlich, in solchen Augenblicken zu verweilen, die ganz von Klarheit durchdrungen sind. Diese Lichtmomente geben Orientierung und Kraft. Petrus möchte diesen Augenblick der Klarheit verlängern, möchte ausruhen in der Nähe Gottes und frei sein von der Not der nahen Zukunft. Wer geht schon gern in den grauen Alltag zurück, wenn ihm Augenblicke des Lichtes geschenkt werden. Das macht die Bitte in der 1. Hälfte des Liedes aus: „Herr, nimm auch uns zum Tabor mit, um uns dein Licht zu zeigen! Lass unsre Hoffnung Schritt um Schritt mit dir zu Gott aufsteigen! Lass leuchten deine Herrlichkeit, von der die Seher künden!“.
Pater Franz Richardt